Indien – Rajasthan – Märchenland zwischen Wüstenschlössern und Königstigern

Jahrtausendealte Traditionen, märchenhafte Bauwerke, einzigartige Landschaft, majestätische Paläste – Indien fasziniert und lässt den Besucher in eine Welt voll Mythen eintauchen.

Nach dem Fluss Indus benannt, ist dieses fremdartige Land bis heute ein Schmelztiegel der Völker und Religionen. Im Norden locken die Achttausender des Himalaja, der Wüstenstaat Rajasthan bietet nicht nur prächtige Maharadschapaläste und Festungen, im Süden des Landes warten herrliche Tempelstädte und üppige Reislandschaften. Goa mit seinen tropischen Sandstränden, regenreicher Dschungel oder Teeplantagen im Osten – der Subkontinent lockt mit Kultur und gigantischer Natur.
Indien im Rahmen einer einzigen Reise zu erkunden, ist fast unmöglich, außer man verfügt über große Zeitressourcen. Zwischen den schneebedeckten Gipfeln und Indiens südlichstem Zipfel liegen über 3000 km. Von der Wüstenstadt Jaisalmer im Westen an der Grenze zu Pakistan bis zum östlichsten Bundesstaat Arunachal Pradesh sind ebenfalls 3000 km zu bewältigen. Ein Gebiet ungefähr so groß wie Europa harrt der Entdeckungen und dafür sollte man sich wahrlich Zeit nehmen.
Rundreisen per Auto mit Privat-Chauffeur sind empfehlenswert, nicht viel teurer als eine geführte Rundreise, man sollte aber über gutes Sitzfleisch verfügen. Die Straßen sind oft in schlechten Zustand und „Autobahnen“ dienen nicht nur Autos oder Menschen zum Weiterkommen, auch Viehherden werden gerne auf ihnen zum nächsten Ort getrieben.
Wer Indien bereist, sollte sich auf enorme Gegensätze einstellen. In den Städten existiert eine sehr gut ausgebildete Ober- und Mittelschicht, die an dem Wirtschaftswachstum der letzten Jahre enorm profitierte. Etwa zwei Drittel der Bevölkerung arbeiten in der Landwirtschaft und können nur selten vom Hightechboom in den Metropolen Nutzen ziehen. Über ein Viertel der Bevölkerung ist zu arm, um sich richtig ernähren zu können. Kollektive „Morgenentleerungen“ unter diversen Brücken lassen die katastrophalen hygienischen Zustände in den diversen Haushalten erahnen.
Dem wirtschaftlichen Wachstum wird auch oft die Umwelt geopfert. Luftverschmutzung ist rund um die großen Industriezentren genauso ein Thema wie gekippte Flüsse, die die Unmengen von Unrat nicht mehr verkraften. Umweltschutz wird zwar immer populärer, steckt aber noch in den Kinderschuhen.
Mit einem jährlichen Bevölkerungszuwachs von circa 15 Millionen hat Indien im Moment den größten absoluten Zuwachs aller Staaten der Erde. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen wird Indien bis zum Jahre 2045 die Volksrepublik China als bevölkerungsreichstes Land ablösen. Die sozialen und wirtschaftlichen Probleme, die sich daraus ergeben, sind gravierend.
Neben der enormen Armut, Überbevölkerung und der Umweltverschmutzung ergeben sich fundamentale Probleme bei dem ethnischen und religiösen Konflikt zwischen Hindus und Moslems und die immer noch ungelöste Problematik um die 25 Prozent der indischen Bevölkerung, der sogenannten Kastenlosen. Wenngleich die Diskriminierung aus Gründen der Kastenzugehörigkeit offiziell nicht mehr zulässig ist, ist sie im täglichen Leben nach wie vor existent und ein Aufsteigen in eine andere Kaste, vor allem im ländlichen Raum, ist schwer oder fast unmöglich.
Als „Indien-Frischlinge“ entschieden wir uns für eine dreiwöchige Reise, die so Traumdestinationen wie Delhi, Mandawa, Bikaner, Jaisalmer, Osian, Jodhpur, Ranakpur, Udaipur, Chittor, Pushkar, Ajmer, Jaipur sowie Fatehpur Sikri enthalten sollte. Als weiteres Highlight war eine dreitägige Fotosafari im Ranthambore National Park vorgesehen.
Die meisten dieser Orte liegen im zweitgrößten Staat Indiens, in Rajasthan. Umgeben von Pakistan im Westen, Punjab, Haryana und Uttar Pradesh im Norden und Nordosten, Madhya Pradesh im Westen und Gujarat im Süden, leben hier circa 34 Millionen Menschen. Jaipur, die Pink City, ist Hauptstadt. Mit seinen Palästen, seinen Forts, der Wüste Thar und den stolzen Rajasthani entspricht es dem gängigen Klischeebild Indiens am meisten.
Nach unserer Landung stürzten wir uns in das Abenteuer Indien. Unser Reiseleiter nahm uns in Empfang. Zusammen mit unserem Chauffeur zeigte er uns seine Heimat und wir tauchten in eine Welt voll bunter Eindrücke.

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Unsere erste Station, Mandawa, ein verschlafenes Wüstenstädtchen, liegt in der Mitte der Shekhawati Region. Reiche Kaufleute ließen sich hier Landhäuser – Havelis – bauen. Die Havelis sind mit Malereien verziert, die von traditionellen Motiven bis hin zur Neuzeit reichen. Beim Schlendern durch die ungepflasterten Gassen kann man die bemalten Häuser wie einen Film an sich vorbeilaufen lassen.

Ab sofort ging es dann quer durch Rajasthan. Mitten in der Wüste von Rajasthan, circa 250 km westlich von Delhi, liegt das von dem Rathore Prinzen Bika gegründete Bikaner. Infolge seiner Lage auf der Karawanenroute durch die Wüste, erlangte Bikaner bald einen gewissen Einfluss. Heute leben hier knapp eine halbe Million Einwohner. Die kleine Altstadt ist von einer 7 Kilometer langen Stadtmauer umgeben. Das im Jahre 1587 erbaute Junagarh Fort wurde im Laufe der Jahre um 37 Pavillons und Tempel erweitert. Die roten Sandstein- sowie die Marmorreliefs des Lalgadh Palastes sind fein und reich gearbeitet. Das angeschlossene Museum zeigt wertvolle Sandelholzschnitzereien. Wir spazierten durch die mehr als engen Gässchen der Altstadt, schnupperten an Gewürzen im Basar, machten einen großen Bogen um die auf der Straße liegenden Kühe und mussten aufpassen, dass wir nicht von einem Moped überfahren wurden. Scharen von Ratten warteten dann im 30 km von Bikaner entfernt liegenden Tempel Karni Mata auf uns und erzeugten doch etwas Gänsehaut.

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Immer der alten Karawanenstraße folgend, erhebt sich auf einem dreifachen Bergrücken die Wüstenstadt Jaisalmer. Einst ein bedeutendes Handelszentrum, in der mit Seide und Gewürzen beladene Karawanen halt machten, ist in Jaisalmer noch viel von der ehemaligen Schönheit erhalten. Wunderschöne Havelis mit Türmchen, Baldachinen und spitzenartigen Gitterwerken, schmale Sträßchen mit hohen Häusern zu beiden Seiten, deren herausragende Balkone auch bei größter Hitze Schatten spenden. 99 Bastionen umschließen die 1156 erbaute Festung, die eine der ältesten von ganz Rajasthan ist. Noch heute soll ein Viertel aller Bewohner innerhalb der Festungsmauern wohnen.
Vor der Stadt glitzert der künstlich angelegte See Gadisar, dessen kostbares Nass der Trinkwasserversorgung von Jaisalmer dient. Beim Verlassen von Jaisalmer glänzten die Sandsteinbauten wie ein letzter Gruß in der Sonne.

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Nach soviel traumhafter Architektur und Kultur konnte eine kleine Abwechslung in der Natur nicht schaden. Wir wollten die Umgebung von Jaisalmer auf dem Rücken eines Kamels erkunden. Durch die golden schimmernde Wüste ging es auf den Sanddünen von Khuri und Sam zu kleinen Oasen-Dörfern. In den Pausen und am Ende des Ritts waren wir doch recht froh, festen Boden unter den Füßen zu haben und unsere verlängerte Rückseite ausrasten zu können. Natürlich genossen wir auch die für Touristen organisierten Folklore-Darbietungen. Dabei ziehen „Familien“ von Touristengruppe zu Touristengruppe und, gegen einen Obolus, wird getanzt und gesungen. Diese „Familien“ bestehen meist aus ausgebildeten Tänzerinnen, angemieteten Kindern und „Ehemännern“, die Musik machen. Kleine Szene am Rande: Da neben Geldspenden auch Nahrungsmittel oder Zigaretten als Bezahlung gelten, bestand eines der vorführenden Mädchen auf ihren Anteil. Wutentbrannt schleuderte die „Mutter“ ein Säckchen Chips vor die Füße des Kindes, verfluchte es und rauschte von dannen. Ungerührt hob das Kind die Chips auf, steckte sie ein und zeigte damit, dass es bereits mehr als eine solcher Szenen erlebt hatte.

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Etwa zwei Fünftel der Inder sind Hindus. Osiyan, ein wichtiges Zentrum der Brahmanen- und Jain Religion, liegt nördlich von Jodhpur. Während der Pratihara-Dynastie war die Stadt einst das religiöse Zentrum des Königreichs von Marwar. Gegen Ende des 12. Jahrhunderts wurden die letzten Tempel hier erbaut und die noch gut erhaltenen Ruinen von 18 früheren Jain- und Hindu-Heiligtümern sind noch gut erhalten. Noch heute pilgern Gläubige nach Osian und bitten um die Geburt männlicher Nachkommen.

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Nur 60 km von Osian entfernt liegt eine der prachtvollsten Festungen Rajasthans. Erst nach Durchschreiten von acht Toren erreicht man das Innere des Mehrangarh Fort, das auf einem 125 m hohen Hügel über der Stadt Jodhpur thront. Die Festungsmauer hat einen Umfang von zehn Kilometer, die Innenräume sind mit schönen Wandmalereien geschmückt, das Glas der Fenster wirft bunte Lichter auf die Böden und das zarte Gitterwerk wirkt wie Spinngewebe. Von den Festungsmauern hat man eine wunderbare Aussicht auf die Altstadt mit ihren blau bemalten Häusern. Die mittelalterliche Festungsstadt Mehrangarh des ehemaligen Herrschers Marwars lockt mit Tempel, Seen, Palästen und Handwerksviertel.
Vom aus weißem Marmor erbauten Mausoleum Jaswant Thanda kann man noch einmal einen Blick auf die Festung genießen.

Indien_Jodhpur_copyright Veronika Holzinger
Indien_Jodhpur_copyright Veronika Holzinger

Nicht weit von Jodhpur liegt Mandore, die alte Hauptstadt der Herrscher von Rathore, mit seiner Festung. In der „Hall of Heroes“ stehen sechzehn Hindu- und Volksgottheiten, die aus einem einzigen Felsen gehauen wurden.
Gleich in der Nähe liegt Umaid Bhawan, eine der größten Privatresidenzen der Welt. Heute als Hotel geführt, überragt eine 57 Meter hohe Kuppel den Palast. Prächtig ausgestattet Suiten und ein Reihe von Innenhöfen laden zum genussvollen Verweilen.
Beliebte Ausflugsorte in der Nähe sind auch der Kailane Lake und der 1812 erbaute Mahamandir-Tempel.

Ranakpur, circa 90 km nördlich von Udaipur, am Fuß der Aravalliberge gelegen, beherbergt eine der größten und schönsten Jaintempelanlagen Indiens. Fast alle Tempel sind fast 500 Jahre alt. Der Haupttempel besitzt eine prachtvolle, herabhängende Decke, die von 1444 unterschiedlich gearbeiteten Säulen gestützt wird. Die Umgebung rund um Ranakpur lädt mit Bergbächen, terrassierten Feldern zu netten Wanderungen.

Indien_Udaipur_copyright Veronika Holzinger
Indien_Udaipur_copyright Veronika Holzinger

Udaipur, am Ufer des Pichola Sees gelegen und von Hügeln umgeben, ist wohl die romantischste Stadt Rajasthans. Einst Hauptstadt des Mewar-Reiches, bildet die Stadt einen starken Kontrast zu den oft rauen Wüstengebieten Rajasthans. Hier befindet sich auch der Stadtpalast, einer der größten Palastkomplexe der Welt. Mit seiner monumentalen Frontfassade ein Bollwerk nach außen, mutet das Innere der Festung fast märchenhaft an. Marmorpavillons, kleine Paläste, blühende Gärten, Fresken, dekorierte Säulen und fantasievolle Wandmalereien versetzen in eine andere Welt. Üppige Pfauenmosaike in leuchtenden Farben gehören zu den prächtigsten Darstellungen des Nationalvogels in Indien. Mitten auf einer Insel des Pichola-Sees steht der aus Marmor erbaute Jagat Niwas. Heute ein Luxushotel, war er einst Sommerpalast der Fürsten von Merwar. Bei einer kleinen Rundfahrt mit dem Schiff kann auch der aus Sandstein erbaute Jag Mandir-Palast auf einer Nachbarinsel bewundert werden. Vom Boot aus kann man, ohne zu stören, den Gläubigen bei ihren religiösen Zeremonien und rituellen Bädern im See zusehen.
51 km südöstlich von Udaipur liegt einer der größten Süßwasserseen der Welt. Hier finden Zugvögel Nahrung und Platz für einen Aufenthalt auf ihrer langen Reise.

Udaipur_IMG_4228_copyright Veronika Holzinger
Udaipur_IMG_4228_copyright Veronika Holzinger

Auf einem nach allen Seiten steil abfallenden Felsen erhebt sich Chittor, die älteste Festung Rajasthans. Die Geschichte Chittors wurde mit viel Blut und Tränen geschrieben. Mehrmals belagert und eingenommen, suchten Frauen, Kinder und Männer den Freitod, um nicht in die Hand der Eroberer zu fallen. Die einst mächtige Anlage, die heute neben Ruinen auch gut erhaltene Gebäude aufweist, wird von einer 11 km langen Mauer umschlossen. Der prächtige, neunstöckige Siegesturm ist mit Darstellungen aus dem Mahabharata und Ramayana ausgestattet und wurde nach einem Sieg gegen die Sultane von Gujarat errichtet.

Chittor_IMG_4286_copyright Veronika Holzinger
Chittor_IMG_4286_copyright Veronika Holzinger

 

Nahe der Wüste Thar liegt das kleine Städtchen Pushkar am heiligen Pushkarsee. Hierher pilgern jährlich viele gläubige Hindus, um sich in speziellen Pujas in den Ghats von Sünden reinzuwaschen und die Segnung durch einen Brahmanen zu erhalten. Gegen einen kleinen Obolus können auch Touristen die Segnung von einem Brahmanen erhalten und bekommen zum Zeichen dafür einen roten Punkt auf die Stirn gemalt.

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Seit Altersher gilt Pushkar als besonders heilig und beherbergt neben dem Brahma-Tempel rund 400 kleinere Tempel. Einmal im Jahr verwandelt sich das Örtchen in einen riesigen Markt, zu dem hunderttausende Menschen kommen, um ihre Kamele und andere Tiere zu verkaufen und zu kaufen.

An einem Höhenzug des Aravalligebirges und dem See Ana Sagar liegt die Stadt Ajmer. Ajmer gilt als ein heiliger Ort der Muslime und jährlich pilgern tausende islamische Gläubige zu dem Grab von Khwaja Muinud-din Chishit, der als heiliger Sufi verehrt wird.

Jaipur_Palast_der_Winde_IMG_4367_copyright Veronika Holzinger
Jaipur_Palast_der_Winde_IMG_4367_copyright Veronika Holzinger

Jaipur, die „Pink City“ gehört zu den touristisch wichtigsten Zielen in Rajahstan. Hier befindet sich der berühmte „Palast der Winde“, der hauptsächlich aus Fassade besteht. Mit seinen 953 kleinen, kunstvoll gestalteten Fenstern, die eine ständige Luftzirkulation ermöglichen, konnten einst die Frauen des Hofes unbeobachtet das Treiben auf der Straße verfolgen. Der City Palace besteht aus mehreren Gebäuden und beherbergt ein sehenswertes Museum. Unter den Ausstellungsstücken befinden sich auch zwei riesige, über 300 kg schwere Silbergefäße, die speziell für eine Reise des Königs Madho Singh II nach England hergestellt wurden und mit heiligem Gangeswasser gefüllt waren. Unweit des Stadtpalastes liegt das sehenswerte Observatorium Jantar Mantar, das in den Jahren 1728 bis 1734 angelegt wurde, um die Bewegungen der Planeten zu messen und so den Kalender zu verbessern.

Amber_Festung_IMG_4370_copyright Veronika Holzinger
Amber_Festung_IMG_4370_copyright Veronika Holzinger

Zwischen zwei Bergketten des Aravalligebirges hindurch führt eine Straße nach Amber. Heute zu Jaipur gehörend, war Amber einst Hauptstadt des alten Rajputen Reichs. Hoch über der Stadt liegt auf einem Berghang, natürlich geschützt von allen Seiten, das Fort Amber. Drei große Tore schützten das Fort vor Eindringlingen. Eine steile Treppe führt zum Löwentor und dahinter befindet sich die Audienzhalle. Ein Tempel für die Göttin Kali kann ebenso bewundert werden wie das reich mit Mosaiken verzierte Ganesh Pol. Die aus weißem Marmor erbaute Siegeshalle ist mit zahlreichen Arabesken verziert, das Dach zieren zahlreiche Spiegel. In der kleinen Spiegelhalle erwecken bei Kerzenschein zahlreiche Spiegel den Eindruck eines flimmernden Sternenhimmels. Von der Festung hat man einen wunderschönen Blick ins Tal und sieht unten den Moat Lake in der Sonne glänzen. Wer Fort Amber auf dem Rücken eines Elefanten erklimmen will, sollte früh aufstehen. Zum Schutze der Tiere sind die für jedes Tier erlaubten Ritte begrenzt und es bilden sich bereits am frühen Vormittag lange Schlangen, um eine der begehrten Zählkarten zu ergattern.

Ranthambore_Hirsch_IMG_4495_copyright Veronika Holzinger
Ranthambore_Hirsch_IMG_4495_copyright Veronika Holzinger

Nach so viel gewaltigen kulturellen Eindrücken war wieder Natur angesagt. Der 392 km2 große Ranthambore Nationalpark wollte per Jeepsafaris erkundet werden. Die hügelige Landschaft des Ranthambore wechselt mit engen Tälern und schroffen Felswänden. Das Grasland und die trockenem Laubwälder beherbergen die verschiedensten Hirscharten, darunter den Sambahirsch. Sumpfkrokodile, Pythons und Wasserschildkröten geben sich ein Stelldichein und majestätische bengalische Königstiger durchstreifen den Park. Bei unserem mehrtägigen Aufenthalt konnten wir die Tiere fast Aug in Aug beobachten, der einzige, der sich nicht blicken ließ, war der Tiger. Da bei den Jeep-Safaris abwechselnd immer ein anderer Teil des Parks angefahren wird, sahen wir zwar die Abdrücke der Tatzen im Schlamm, der Tiger hatte sich aber bereits zurückgezogen. Hier eine kleine Bemerkung, die sein muss: „Liebe Freunde aus Großbritannien – es waren sehr vergnügliche Abende mit euch – aber irgendwie kiefeln wir doch noch daran, dass der Tiger bei euch gleich zwei Mal vorbeischaute und unsere Gruppe verschmähte.“

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Ab sofort war wieder Kultur angesagt. Fathepur Sikri, die „Stadt des Sieges“ wartete auf uns. Laut Legende von Großmogul Akbar im 16. Jahrhundert aus Dankbarkeit über die Geburt eines gesunden Sohnes errichtet, wurde die Stadt kurz nach ihrer Fertigstellung aufgrund von Wassermangel und Zwischenfällen an der Nordwestgrenze des Reiches verlassen und dem Verfall und Plünderungen preisgegeben. Heute gehört die Stadt zum Weltkulturerbe der Menschheit und steht unter dem Schutz der UNESCO. In zwei getrennte Komplexe aufgeteilt, ist der Hauptpalast und der Hofkomplex dank umfangreicher Restaurierungsarbeiten größtenteils erhalten. Die einzelnen Gebäude weisen türkische, persische und sogar chinesische Einflüsse auf. Eine architektonische Mischung aus traditionellen hinduistischen und muslimischen Elementen, Dekorationen und Ornamente die an Tempel erinnern bilden einen starken Kontrast zu blau gekachelten Dächern.
Über einen schmalen Weg gelangt man zum großen Innenhof der Moschee, in dessen Mittelpunkt sich das relativ kleine, aber wunderbare Mausoleum von Sheikh Salim Christhi befindet. Ursprünglich aus rotem Sandstein erbaut, wurde es später mit Marmor überzogen. Frauen mit Kinderwunsch pilgern noch heute zu dem Mausoleum und flechten Fäden in das filigrane Marmorgitterwerk. Das monumentale Siegestor bildet den Haupteingang zur Moschee und besitzt aufwändige Verzierungen aus Sandstein und Marmor.

Indien, Taj Mahal, Warteschlange, copyright Veronika Holzinger
Indien, Taj Mahal, Warteschlange, copyright Veronika Holzinger

Aber schon lockten neue Highlights. Eine der meist besuchten Sehenswürdigkeiten stand auf dem Programm. Früh Morgens wollten wir den Sonnenaufgang beim weltberühmten Taj Mahal erleben. Von Shah Jahan in Agra als Grabmahl für seine Lieblingsfrau Mumtaz Mahal erbaut, erstrahlt die Anlage in hellem Marmor. Während der 22 jährigen Erbauung kamen 22.000 Arbeiter und 1.000 Lasten-Elefanten zum Einsatz. Noch heute kommen neben unzähligen Touristen viele frisch vermählte indische Paare her, um den Bund der Ehe zu festigen.
Eines der schönsten Beispiele der Mogularchitektur liegt am östlichen Ufer der Yamuna. Das Grabmahl des Itimad-ud-Daula besitzt wunderschöne Gitterwerke aus Marmor und prachtvolle Pietra-Dura-Arbeiten an Außenfassade und Innenwänden. Als erstes Mogul-Bauwerk in Marmor ausgeführt, begründete es einen Stilwandel in der Architektur der damaligen Zeit. Auf seiner Grundstruktur basiert das nur wenige Jahre später errichtete Taj Mahal.
Nicht weit vom Taj Mahal entfernt liegt das Rote Fort. Seit 1983 UNESCO-Weltkulturerbe, wirkt der aus rotem Sandstein errichtete Komplex wuchtig. Im Inneren befinden sich elegante Marmorpavillons mit goldenen Dächern, im bengalischen Stil erbaut. Durch die Gitterfenster hat man einen wunderbaren Blick auf das Taj Mahal und die Yamuna. Im achteckigen Turm schmachtete einst Shah Jahan im Verlies bis zu seinem Tod.

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Schön langsam neigte sich unsere Reise zu Ende. Alt Delhi und New Delhi wollten vor unserer Abreise noch erkundet werden. Zuerst stürzten wir uns in die verwinkelten Gassen von Old Delhi. Einst von einer 7 km langen Mauer geschützt, beherbergt es nicht nur das Rote Fort, das größte Monument der mogulischen Herrscher, sondern auch die größte Moschee Indiens, die Freitagsmoschee. Wir wurden in allen von uns bereisten Bereichen immer höflich behandelt. Hier, in der großen Moschee, waren wie „Andersgläubige“ und dies wurde auch mit allem Nachdruck gezeigt. Wir beschränkten unseren Besuch auf eine kurze Besichtigung und tauchten kurz darauf in den von Menschenmassen wimmelnden Basar ein. Hier finden Einheimische und Touristen sämtliche Gegenstände, die irgendwie gebraucht werden könnten. Die Qutb-Minar-Anlage zeugt von der großen Meisterschaft indischer Bau- und Handwerkskunst und beherbergt das älteste Bauwerk der muslimischen Herrscher in Delhi.

Indien, Alt-Delhi, Straße, Copyright Veronika Holzinger
Indien, Alt-Delhi, Straße, Copyright Veronika Holzinger

Das Diplomatenviertel in New Delhi war strengstens bewacht und nur manche Bereiche für die Öffentlichkeit zugänglich. Zu groß ist die Angst vor Anschlägen von Terroristen, die durch die Nachbarländer einsickern. Wer Zeit genug hat, sollte das Nationalmuseum besuchen. Von der Frühgeschichte bis ins 18. Jahrhundert wird hier viel Wissenswertes vermittelt. Natürlich dürfen bei einer New Delhi-Besichtigung nicht das Herz New Delhis, der Connaught Place mit seinen vielen Geschäften und Restaurants fehlen. India Gate, Old Fort und Jantar Mantar gehören sowieso zum Pflichtprogramm von jedem Reisenden.

Indien, dieser riesige Kontinent, mit all seinen Gegensätzen, hat uns in seinen Bann gezogen – wir kommen wieder.

Indien, Wunschbau, copyright Veronika Holzinger
Indien, Wunschbau, copyright Veronika Holzinger

Hier noch ein kleiner Nachsatz zu der unvorstellbaren Armut: Es gibt keine staatliche Unterstützung für Arme, Kranke oder auch Alte. Kann die Familie nicht einspringen, sind viele auf Almosen angewiesen. Jeder gute Gläubige fühlt sich verpflichtet, im Rahmen seines Könnens, die Armut zu lindern. Das Betteln in den Touristenzentren ist häufig organisiert, viele Menschen werden schon als Kinder verstümmelt, um Mitleid zu erregen. Wer als TouristIn durch das Verteilen von diversen Zuckerln und Kugelschreibern zur/zum „Big Spender“ werden will, sollte dies sehr schnell überdenken, sich zu Hause in Ruhe hinsetzen, eine gut geprüfte Organisation, die Hilfe zur Selbsthilfe auf ihre Fahnen geschrieben hat, auswählen und dann regelmäßig eine Spende überweisen. Damit ist den Menschen mehr geholfen und sichert zwar nicht allen, aber wenigsten einigen Menschen, eine Zukunft.