Von der schottischen Grenze nach Dover

Wenn wir auf unserer Reise durch Großbritannien mit den Einheimischen ins Gespräch kamen, wurden wir immer wieder gefragt, welcher Teil uns besonders gefallen hätte.
Nun, ganz einfach: Ob Schottland, Wales, England oder die Insel Skye – jedes Gebiet hat seinen eigenen Reiz. Ob weite Täler oder traumhafte Strände, glasklare Seen oder schneebedeckte Berge – die Naturschönheiten sind allgegenwärtig. Natürlich darf auf die prunkvollen Schlösser, die prächtigen Herrenhäuser mit ihren blühenden Gärten und die altehrwürdig wirkenden Dörfchen und Städte nicht vergessen werden.

Wer quer durch Großbritannien fährt, stellt schnell fest, dass er oder sie sich auf uraltem Siedlungsgebiet bewegt, sämtliche Bewohner haben ihre Spuren hinterlassen und zwischen den einzelnen Stämmen oder Völkern herrschte lange Zeit kein Friede.

Northumbria_Nähe-Hadrianswall_©V.Holzinger
Northumbria_Nähe-Hadrianswall_©V.Holzinger

Wenn du die einst heiß umkämpfte Grenze vom Schottischen Tiefland nach Northumbria in England überschreitest, betrittst du ein Gebiet, das eine bluttriefende Vergangenheit besitzt.
Hier errichteten einst die Römer auf Befehl von Kaiser Hadrian den Hadrian’s Wall. Der 117 km lange Wall geht quer durch Nordengland und war zur Verteidigung der einstigen Nordwestgrenze des Römischen Reiches gedacht. Nach dem Zerfall des Römischen Reiches wurde der Wall aufgegeben und zählt heute zum UNESCO Kulturerbe.

Hadrian-Wall_Brunton-Turret_©V.Holzinger
Hadrian-Wall_Brunton-Turret_©V.Holzinger

Die Küste von Northumbria wird geprägt von mittelalterlichen Burgen und Festungen, die von dem mehr als tausend Jahre dauernden Krieg zwischen Schottland und England zeugen.

Raby Castle_©V.Holzinger
Raby Castle_©V.Holzinger

Geschichtsträchtige Städte, wie zum Beispiel Haxen mit seiner Abbey und seinen georgianischen und viktorianischen Ladenfronten und nicht zu vergessen Barnard Castle, das von einer Normannen-Burg überragt wird. Hier findet man auch das im französischen Stil von John Bowes erbaute Schloss, das heute als Museum geführt wird.

Egglestone-Abbey_©V.Holzinger
Egglestone-Abbey_©V.Holzinger

Nicht weit entfernt von Barnard Castle liegt die Ruine der Egglestone Abbey, die uns sicher in Erinnerung bleiben wird. Erreichbar ist die Abbey über ein schmales Strässchen, das gerade genug Platz für ein WOMO bietet. Wenn dann ein PKW entgegenkommt und dahinter ein LKW kannst dich nur in Luft auflösen oder, immer schön die vorhandenen Kurven beachtend, circa 1/2 km zurückschieben. Da aber einige Wege zur Abbey führen und wir beim zweiten Versuch unser Navi einfach ignorierten, kamen wir doch ans Ziel.

Durham_©V.Holzinger
Durham_©V.Holzinger

Besonders gefallen hat uns Durham, das auf einer Halbinsel, um die der Fluss Wear eine Schleife bildet, erbaut wurde. Überragt wird die Altstadt von der Kathedrale, die einst ein architektonisches Wagnis war und heute, so wie die um 1072 begonnene Burg, zum Welterbe der Menschheit erklärt wurde. Wer Durham erforschen will, sollte sich genügend Zeit nehmen, einen kleinen Spaziergang entlang des Wear machen und die Leichtigkeit, die die Stadt und ihre Bewohner ausstrahlt, genießen.

Durham_©V.Holzinger
Durham_©V.Holzinger

Neben zahlreichen historischen Stätten und Städten findet man in Northumbria neben einer zerklüfteten Küste eine wildromantische Landschaft.
So bilden die spärlich besiedelten Cheviot Hills die natürliche Grenze zu Schottland und gehören zum Northumberland National Park. In dem von eiszeitlichen Gletschern geschliffenen Hügelland findet man noch Fischotter, Moore und ein Paradies für Wanderer und Wanderinnen.

Thirsk-Scarboorough_©V.Holzinger
Thirsk-Scarboorough_©V.Holzinger

Immer gen Süden gelangt man nach Yorkshire und in die Humber Region. Die Strände Yorkshires wurden bereits im 17. Jahrhundert zum Baden entdeckt, sind nach wie vor beliebt und dementsprechend auch belebt.

Scarborough_V.Holzinger
Scarborough_V.Holzinger

Das Seebad Scarborough, zwischen zwei Stränden liegend, wird von seinem Castle überragt und versucht heute durch allerlei touristische Maßnahmen an die einstigen goldenen Zeiten anzuschließen. Naturliebhaber und -liebhaberinnen finden den Kliffwalk, auf den man seiner Wanderlust nachkommen kann.

Scarborough_V.Holzinger
Scarborough_V.Holzinger

Die Stadt Whitby, ehemaliges Walfangs-Zentrum und Schiffbaustadt, liegt an der Mündung des Esk und ist heute ein touristischer Hotspot. Mit seinem romantisch wirkenden, aber trotzdem quirligen Hafen, seiner aus dem Mittelalter stammenden Abtei, die leider auch zerstört wurde und seiner netten Altstadt ist Whitby immer einen Besuch wert.

Whitby_©V.Holzinger
Whitby_©V.Holzinger

Nicht versäumen sollte man die steilen Kreideklippen zwischen Speeton und Flamborough. Hier kann man unter anderem Papageientaucher beobachten, die hier in den Felsvorsprüngen brüten und ihre Jungen aufziehen. Im vorhandenen Info-Zentrum erfährt man alles Wissenswerte und kann natürlich das ein oder andere Souvenir erwerben.

Flamborough-Head_©V.Holzinger
Flamborough-Head_©V.Holzinger

Besonders zur Brutzeit wird das Gebiet von Vogelbegeisterten gestürmt, was uns so richtig bewusst wurde, als wir beim Verlassen des Gebietes die mindestens 3 km lange Kolonne von Autofahrern sahen, die unbedingt einen der Parkplätze erhaschen wollte.

Flamborough-Head_©V.Holzinger
Flamborough-Head_©V.Holzinger

Ein Highlight bietet die Stadt York mit ihrer gut erhaltenen mittelalterlichen Struktur. Um diese schöne Stadt zu besichtigen checkten wir in Acaster Malbis am Poplar Farm Caravan Park ein, der wunderschön direkt am River Ouse liegt und nahmen den Regionalbus in die Stadt.

York_©V.Holzinger
York_©V.Holzinger

York selbst ist nach London die meistbesuchte Stadt Englands. Mit seiner großen Fußgängerzone lädt es zum Bummeln und vor allem Schauen. In York findet man die größte gotische Kirche jenseits der Alpen, als Besuchermagnet fungiert auch das ehemalige Gildenhaus der Kaufleute, die Merchant Adventurer’s Hall. Und wer genau schaut, findet bei Stonegate den kleinen roten Teufel, der auf die Straße herabschaut.

York_©V.Holzinger
York_©V.Holzinger

Für York sollte man sich Zeit nehmen, da nicht nur eine kilometerlange mittelalterliche Stadtmauer zu bewundern ist, sondern an die 20 mittelalterlichen Kirchen zu bestaunen sind.

York_©V.Holzinger
York_©V.Holzinger

Freunde und Freundinnen des Pferderennsports werden sicher die Stadt Beverley kennen, die nicht nur über eine große Rennbahn verfügt, sondern auch mit ihrem Ortskern und vor allem dem gotischen Münster punktet.

Yorkshire-Dales-National-Park_©V.Holzinger
Yorkshire-Dales-National-Park_©V.Holzinger

Zum Wandern bietet sich der Yorkshire Dales National Park an, der mit steilwandigen Tälern und Hochmooren aufwartet.
Eine imposanteste Kalkstein-Landschaft findet man rund um Malham, die man auf einem eigenen Trail genauer erkunden kann.
Wer es gemütlicher mag, schaut einfach beim Hornsea Mere vorbei, sieht den tausenden Vögeln oder den Seglern zu und lässt einfach die Seele baumeln.

Hornsea-Mere_©V.Holzinger
Hornsea-Mere_©V.Holzinger

Entlang der Küstenlinie, immer weiter nach Süden, liegen Strände, die fest in touristischer Hand sind und deren Hinterland von Caravan-Parks beherrscht wird.
Schön langsam wurde uns die Zeit doch knapp und wir wollten die für uns sehenswerten „Rosinen“ heraussuchen.
Wir fuhren an Kingston Upon Hill vorbei, über die Humber Bridge und machten uns nach Lincoln auf, das bereits in East Midlands liegt.

Humber_©V.Holzinger
Humber_©V.Holzinger

Am Rande der Stadt liegt das Swanholme Lakes Local Nature Reserve, das nicht nur zum Spazieren und Naturgenießen einlädt, sondern auch über einen Campingplatz verfügt, der auch in der Nacht immer wieder kontrolliert wird.

Lincoln_©V.Holzinger
Lincoln_©V.Holzinger

Von unserem Campingplatz nahmen wir wieder den lokalen Bus, kamen, wie so oft, mit den Leuten ins Gespräch und waren ruck-zuck im Stadtzentrum. Beherrscht wird Lincoln von seiner mächtigen Kathedrale, die man über die sehr, sehr steile Steep Hill erreicht. Wer es gemütlicher mag – es gibt auch einen Linienbus, der oberhalb der Kathedrale seine Station hat und einen bequemen Zugang zu ihr ermöglicht.

Lincoln_©V.Holzinger
Lincoln_©V.Holzinger

Gleich vis-a-vis der Kathedrale liegt das in mehreren Etappen errichtete Lincoln Castle und wer hungrig ist, findet an der Rückseite der Kathedrale eine kleine Pforte, hinter der man warme und kalte Gerichte kostengünstig erwerben und auch gleich essen kann.

Lincoln_Hartsholme-Hall
Lincoln_Hartsholme-Hall

Den steilen Steep Hill wieder hinunter, findet man gleich vor dem Busbahnhof einen Markt, der sich wunderbar eignet, ausgegangene Vorräte mit Frischware zu ergänzen.

Lincoln_Hartsholme-Hall
Lincoln_Hartsholme-Hall

Östlich von Lincoln liegen die kilometerlangen Strände, die rund um Sandilands zum Kite- oder Windsurfen perfekt geeignet sind. Da es in diese Gebiete von London aus nicht weit ist, wird es in der Hochsaison hier zwar nicht wirklich eng, aber doch recht voll.

Sandilands_©V.Holzinger
Sandilands_©V.Holzinger

Eine Stadt wollten wir unbedingt noch besuchen. Also fuhren wir Richtung Cambridge, suchten einen netten Übernachtungsplatz und fuhren am nächsten Morgen mit dem Bus in das Stadtzentrum.

Acaster_River Ouse_©V.Holzinger_
Acaster_River Ouse_©V.Holzinger_

Cambridge, immer im Wettstreit mit Oxford, war schon zur Römerzeit eine größere Siedlung und ist heute vor allem Universitätsstadt.
Das von Henry VI. gegründete King’s College ist sicher das beherrschende Bauwerk der Stadt. Auch in Cambridge findet man eine „Seufzerbrücke“, die die Gebäude des im Tudor-Stil erbauten St. John’s College miteinander verbindet. Das Gegenstück zum King’s College ist das Queens’ College, dessen Hofanlagen wunderschön gestaltet sind.

Cambridge_©V.Holzinger
Cambridge_©V.Holzinger

Wen du als Tourist oder Touristin die King’s Parade oder die Trinity Street entlang bummelst, wirst du unweigerlich angesprochen, ob du nicht auf dem Cam „punten“ willst. Beim „Punten“ wird mit einer langen Stange ein flacher Kahn vorwärtsbewegt – einer arbeitet, die anderen sehen zu und lassen es sich gut gehen. Da es leicht nieselte, verzichteten wir auf dieses Vergnügen, suchten uns ein geschütztes Plätzchen und sahen den Touristen und Touristinnen zu, die Punten selbst probieren wollten. Hochachtung an alle, die es schafften, auf den glitschigen Kähnen nicht auszurutschen und diese auch noch weiter zu bewegen.

Cambridge_©V.Holzinger
Cambridge_©V.Holzinger

Als es dann wirklich regnete, enterten wir unseren Bus, fuhren zu unserem WoMo und machten es uns gemütlich.
Wir hatten beschlossen, London doch einen Besuch abzustatten und suchten daher einen Platz, wo wir die Möglichkeit hatten, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in das Zentrum zu gelangen. Im Westen der Hauptstadt fanden wir, außerhalb der Low Emission Zone, einen netten Campingplatz, von dem wir London besuchen konnten.
Da der Bericht über diese wunderbare Stadt hier den Rahmen sprengen würde, wird London ein eigener Artikel gewidmet.
Nach unserem Besuch in London war es Zeit, weiter Richtung Ärmelkanal zu fahren.

Folkestone_©V.Holzinger
Folkestone_©V.Holzinger

Bei Folkestone, direkt am Meer, von den weißen Klippen überragt, fanden wir einen netten Campingplatz, auf dem wir noch zwei Tage relaxten, bevor wir in Dover auf die Fähre fuhren, um wieder in Frankreich von Bord zu gehen.

Dover_©V.Holzinger
Dover_©V.Holzinger