Ich esse meinen Bärlauch nicht, nein, meinen Bärlauch ess‘ ich nicht

Jetzt ist er endlich da der Frühling. Ringsum sprießt und grünt es, dass es eine Freude ist. Wer jetzt durch die Au oder den Wienerwald wandert, findet nicht nur Primeln, es wuchert auch allerorts der Bärlauch.

Nicht zu übersehen und vor allem riechbar – und schon sind wir beim Thema. Bärlauch spaltet die Menschheit. Da gibt es die Fraktion, die jedes grüne Blättchen beobachtet, ob es denn schon groß genug wäre, das es in irgendein Gericht verwandelt werden könnte. Dann gibt es die Genießer und Genießerinnen, die hin und wieder auch bei Bärlauch nicht nein sagen, aber nicht unbedingt darauf fixiert sind. Wieder andere, die bei sämtlichen Salaten, die im Handel erhältlich sind, in Verzückung geraten und die bei Bärlauch die Nase rümpfen und die Augen verdrehen. Und zu guter Letzt ist da die Ablehnungsfront, die alle Menschen, die auch nur im weitesten Sinne mit Bärlauch in Zusammenhang gebracht werden, als Untermenschen ansehen und dies auch lautstark verkünden.

Warum ich jetzt so viel über Bärlauch schreibe? Nun, ganz einfach. So wie mit dem Bärlauch, ist es auch bei sämtlichen Nahrungsmitteln. In unserer Rubrik „Gericht des Tages“ veröffentlichen wir täglich Kochanregungen, die quer durch das gesamte Genre gehen und uns schmecken. Zu fast jedem Rezept kommen Rückmeldungen, die von „super“ bis zu „ wie könnt ihr nur“ reichen.

Oft verwenden wir zu viel Knoblauch, oft werden die Rezept mit der Verwendung von Fleisch oder Fisch kritisiert, oft ist zu wenig oder zu viel Gemüse darin enthalten. Wir empfehlen Rezepte für Gerichte, die wir mögen. Da Kochen auch viel mit Kreativität zu tun hat, können diese jederzeit nach dem persönlichen Gusto abgeändert und angepasst werden.

Uns ist bewusst, dass Massentierhaltung ein enormes Problem darstellt. Auch ist uns bewusst, dass das großflächige Abholzen von Wäldern nicht nur die Böden schädigt, sondern auch den dort wohnenden Menschen und Tieren ihre Existenzgrundlage entzieht.

Aber wir sind alle mündige Konsumenten und Konsumentinnen, die auch mit ihrem Kaufverhalten einiges dazu beitragen können, unsere Welt etwas lebenswerter zu gestalten und Ressourcen zu schonen. Wir als Einzelne können gegensteuern, können unsere Umwelt schonen und für unsere Kinder und Kindeskinder weiter erhalten. Wir leben glücklicherweise in einer Wohlstandsgesellschaft und sind hoffentlich mündig genug, anderen ihren ganz persönlichen Freiraum zu gewähren, genau das zu essen, was ihnen schmeckt.

Was ich eigentlich sagen will: Öfter beim Einkauf nachdenken, was denn da gerade in der Tasche landen soll, etwas mehr Flexibilität und vor allem toleranter gegen Andersdenkende, dann ist das Miteinander weitaus entspannter.

Was das jetzt mit Bärlauch zu tun hat? Ganz einfach. Wer ihn mag, soll ihn essen, wer ihn ablehnt, soll dies tun und anderen Genießern und Genießerinnen ihre Freude daran lassen – schlicht und einfach mehr Toleranz oder wie man so schön sagt: „Leben und leben lassen“.