Der Mitternachtssonne entgegen – Mit dem Wohnmobil kreuz und quer durch Skandinavien

Mitternachtssonne, Fjorde, Gletscher, dunkle Wälder, fischreiche Seen, Trolle, Schärengärten und lange Sandstrände – nach unserer letzten Reise nach Albanien wollten wir Norwegen und Schweden mit dem Wohnmobil erkunden.

Die Route war schnell festgelegt. Über Deutschland und Dänemark nach Schweden und weiter nach Norwegen. Dann, immer in Schleifen, bis nach Narvik, von Narvik nach Lappland und dann kreuz und quer durch Schweden Richtung Heimat. Als Zeitlimit setzten wir uns acht Wochen in denen wir so viel wie möglich an Naturschönheiten kennenlernen wollten.
Was uns weit mehr Kopfzerbrechen bereitete, war die Kleiderfrage. Was nehmen wir mit, was werden wir brauchen? Die Länder Norwegen und Schweden sind zwar durch den Golfstrom klimatisch begünstigt, aber das Wetter kann schnell umschlagen. Mir nichts, dir nichts pfeift ein eiskalter Wind und es schüttet wie „mit Schaffeln“. Da wir bereits Anfang Mai losfuhren, war jederzeit mit gesperrten Straßen und Schnee im Landesinneren zu rechnen. Natürlich geht es bei einem Wohnmobil leichter, das leidige Thema „Übergepäck“ fällt weg und Platz ist in der „kleinsten Hütte“. Also packten wir Schianorak, Mütze, Handschuhe, Wanderschuhe, Winterpullis, kurzärmelige T-Shirts, Badeanzug, kurze Hosen, Badesandalen – sprich eine Garderobe, mit der du das ganze Jahr locker auskommst – zusammen. Um es gleich vorwegzunehmen – wir haben sämtliche Kleidungsstücke gebraucht.
Wenn du in den weiten Gebieten der beiden Länder unterwegs bist, ist neben Solaranlage und Brennstoffzelle, Gas oft die einzige Energiequelle zum Heizen und Kühlen. Die gebräuchlichen grauen Europa-Umtauschflaschen werden in Norwegen und Schweden fast nie umgetauscht, es müssen Flaschen erworben werden, deren Anschluss nur mit einem Zwischenstück möglich ist. Um den Kauf von Gas zu vermeiden, hatten wir einen dementsprechenden Vorrat mit. Da unser Kühlschrank bereits in der ersten Woche bei Gas- oder Batteriebetrieb nur mehr als Stauraum, aber nicht zum Kühlen verwendbar war, ging sich unser mitgeführte Gasvorrat mehr als aus.
Bei unserem Navigationsgerät besteht die Möglichkeit Länge, Breite, Höhe und Gewicht des Fahrzeuges genau zu definieren. Trotzdem sollte man auf gutes Kartenmaterial nicht verzichten. Auch das beste Navi hat sein Tücken. Wenn du eine Abzweigung versäumst und die Anzeige der noch zu fahrenden Kilometer springt von 70 km auf 350 km, läuft etwas falsch. Beim ersten Mal, als es uns diesen Streich spielte, fiel es uns viel zu spät auf und wir mussten eine längere Strecke zurückfahren. Ab dann waren die noch zu fahrende Kilometeranzahl und die festgelegte Strecke immer unter Beobachtung.

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NorwegerInnen und SchwedenInnen sind selbst begeisterte Camper. Bei fast jedem zweiten Haus steht ein Wohnmobil oder Wohnwagen und an Feiertagen ist halb Norwegen und Schweden mit ihnen unterwegs. Campingplätze sind in den touristisch erschlossenen Gebieten mehr als genug vorhanden und relativ teuer. Wenn wir einen Campingplatz anfuhren, achteten wir auf die Größe – je kleiner, desto günstiger, gemütlicher und weitaus weniger überlaufen. Viele Hüttenbesitzer bieten auch Stellplätze mit Stromanschluss für Wohnmobile. Wenn wir Frischfleisch beim Einkauf erstanden, nahmen wir diese Infrastruktur öfter in Anspruch, da sich unser Kühlschrank auf Strom aus der Steckdose als „Futter“ versteifte.
Auch wir haben in Norwegen und Nordschweden, weniger in Südschweden, da ist es bereits um etliches schwerer, das oft zitierte „Allemansrätten“, das Jedermannsrecht, in Anspruch genommen. In Gebieten, wo eine Tafel ankündigt, dass in 150 km ein Kaffeehaus zwischen 9:00 Uhr und 17:00 Uhr für Erfrischung sorgt, ist das oft die einzige Möglichkeit. Wie wir schnell herausfanden, sind Wanderparkplätze, bitte außerhalb von Naturschutzgebieten, Badeplätze, so nicht gerade die Temperatur über 16 ° Celsius klettert oder Parkplätze in Schigebieten ein ausgezeichneter Übernachtungsplatz. Das mit dem Schigebiet-Parkplatz funktioniert aber nicht immer. Die Nächte sind hell und die norwegische Jugend sehr aktiv. Da kann es schon sein, dass um zwei oder drei Uhr in der Nacht die Schipiste zur Motorcross-Piste mutiert und eine Schar von Jugendlichen ihr Können unter Beweis stellt. Idyllisch gelegene, ruhige Badeplätze sind bei Regen besonders zu empfehlen. Bei Sonnenschein und „hochsommerlichen“ Temperaturen über 16° herrscht dann Hochbetrieb bis spät am Abend und Parkplatz ist meist Mangelware.
Bei Boots- und Jachthäfen als Übernachtungsplatz ist zu beachten, dass Fischer gerne am Abend hinaus auf das Meer fahren und in den frühen Morgenstunden zurückkehren. Wer also nicht unbedingt zu den Frühaufstehern gehört, die putzmunter um vier oder fünf Uhr am Morgen aus dem Bett springen, ist mit einem anderen Platz vielleicht besser beraten.

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Besonders nett sind „Naturcampingplätze“. Meist idyllisch gelegen, mit Plumpsklo und eventuell Wasserhahn ausgestattet, weit und breit wunderbare Landschaft, mehr nicht. Da kann es in der Vorsaison schon vorkommen, dass auf dem riesigen Areal jeweils nur ein Camper aus der Schweiz, aus Deutschland und Österreich steht. Na dann zündest halt den bereits schön hergerichteten Holzstapel an, jeder grillt das, was er gerade gerne essen möchte. Nach dem Essen sitzt man rund um das Feuer, lässt, trotz Rauch, den Gelsen ihren Anteil an Frischblut und plaudert über Gott und die Welt. Am nächsten Tag räumst deine Siebensachen zusammen, verabschiedest dich und fährst weiter. Bevor du weiter fährst, solltest du nicht auf die freiwillige Spende vergessen. Sparsamkeit hat nichts mit Geiz zu tun. Auch Plumpsklos gehören geputzt und ausgeleert, Rasen gehört gemäht; auch wenn das ehrenamtlich geschieht – eine kleine Anerkennung sollte dies jedem Camper und Camperin wert sein.
Viele norwegische und schwedische – vor allem südschwedische Kommunen – gehen dazu über, das freie Übernachten einzuschränken beziehungsweise ganz zu verbieten. So finden sich in der Nähe von Campingplätzen bei geeigneten Übernachtungsplätzen immer mehr Schilder mit „no camping“ oder ein allgemeines Fahrverbotsschild.
Da Camper eine nicht zu unterschätzende Einnahmequelle darstellen und immer mehr werden, bieten manche Gemeinden „Bobilplätze“ zum Übernachten an. Gegen ein kleineres bis größeres Entgelt werden Strom, Frischwasser, Toiletten- und Brauchwasserentsorgung oder auch nur ein Stellplatz ohne Infrastruktur zur Verfügung gestellt.
Wer Norwegen und Schweden mit dem Auto bereist, findet auch in den einsamsten Gegenden das Symbol mit Hütte. Von den einfachsten Hütten mit Stockbett und sonst nichts bis zu bequemst ausgestatteten Logis reicht das weite Angebot. In größeren Orten, an Hauptrouten oder bei Sehenswürdigkeiten gibt es immer wieder gute Hotels oder Privatquartiere.

Da mein lieber Gespons seit unserer letzten Schiffsreise nach Norwegen zur Zeit noch jede längere Schifffahrt ablehnt, machten wir uns nach Deutschland auf und schlugen unser erstes Nachquartier beim Löderberger See auf. Nach einem längeren Plausch mit einem anwesenden Fischer, der sofort seine angelnden Freunde informierte, dass da jetzt ein Camper stehe und sie ja aufpassen sollten, dass uns nichts passiere, schlüpften wir in unsere Betten und schliefen, gut bewacht, in den nächsten Morgen.

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Nach einem zünftigen Frühstück stand die Fahrt nach Dänemark auf dem Programm. Bereits am Nachmittag gab es frischen Kaffee und Kuchen im Yachthafen von Aabenraa. Wir genossen die warme Sonne, sahen den Leuten beim Schwimmen im Meer!!! zu und beobachteten, wie die Schiffe zu Wasser gelassen wurden, da die Sommersaison begann. Am nächsten Tag schwebten wir zuerst über die 18 km lange Storebælt-Brücke und dann über die Øresundsbron in Schweden, dem Land der endlosen Wälder, der herrlichen Seen, langen Sandstrände und der Schärenküsten ein.

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Auf der E6 ging es nun unserem ersten Ziel entgegen – Norwegen. Zum Übernachten suchten wir uns einen netten Campingplatz, direkt in den malerischen Dünen am kilometerlangen Strand der Laholmsbukt.
Zuerst noch weiter auf der E6, verließen wir dann die Autobahn – wir wollten unseren ersten schwedischen See sichten. Durch Wälder, an kleineren Seen, hin und wieder an einem Häuschen mit der schwedisches Fahne beflaggt vorbei, fuhren wir durch eine friedlich wirkende Landschaft.
Das wir die Grenze zu Norwegen überschritten hatten merken wir erst, als die ersten norwegischen Fahnen die Holzhäuschen schmückten. Wir waren an unserem ersten Etappenziel – Norwegen – angekommen.

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