Venedig – Wenn die Gondeln keine Trauer tragen

Über hundert kleine Inseln, in Schlick getriebene Lärchenstämme und darauf alte Palazzi, die aus jeder Ritze ihrer rissigen Mauern Geschichte atmen.

Venedig, die „Königin des Meeres“, diese Mischung aus Abend- und Morgenland, wirkt auch heute noch wie eine Filmkulisse, deren morbide Schönheit verzaubert.

Venedig_©H.-Holzinger
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Die Weltkulturerbe-Stadt kann auf eine wechselvolle Geschichte zurückblicken. Jahrhundertelang war das Schicksal Venedigs mit dem Meer verwoben. Ihm verdankt es seinen einstigen Reichtum, denn der direkte Zugang zu ihm ermöglichte den Handel mit fernen Ländern.

Venedig_©H.-Holzinger
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Exotische Luxusgüter fanden durch gewiefte Kaufleute den Weg nach Europa, Sklaventransporte mehrten den Reichtum. Die Kreuzzüge ließen die Geldquellen erneut sprudeln. Die Kreuzfahrer wollten schnell ins gelobte Land, Venedig hatte die passenden Schiffe, die Kreuzfahrer das nötige Geld, um die Überfahrt zu finanzieren.

Venedig_©H.-Holzinger
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In ihrer Hochblüte beherbergte sie zahlreiche Künstler, Ärzte und Buchdrucker, die die Stadt ob ihrer Kunstfertigkeiten in ganz Europa berühmt machten.
Selbst die eingeschleppte Pest, zahlreiche Auseinandersetzungen und sogar Napoleon konnten die Macht Venedigs nur kurzfristig schmälern, aber nie brechen.

Venedig_©H.-Holzinger
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Die Gründer der Stadt siedelten sich auf dem heutigen Markusplatz an, wo auch der Dogenpalast als Festung der Stadt errichtet wurde. Noch heute ist die am Canal Grande gelegene Piazza der Treffpunkt von Jung und Schön und gleichzeitig der meistbesuchte. Heute dienen die Palazzi rund um den Platz oft als Spekulations-Objekte und sind nur zeitweise bewohnt.

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Im Laufe der Jahrhunderte wuchs Venedig, jede Kaufmannsfamilie, die auf sich hielt, errichtete ihr eigenes Palais. Je mehr Geld durch Handel mit Gewürzen, Seide, Sklaven oder Zucker in die Kassen gespült wurde, um so prächtiger und grandioser fielen die Bauten aus.

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Da man gottesfürchtig war, entstanden Kirchen, die noch heute durch ihren Baustil und ihre Innenausstattung beeindrucken. Lombardo, Sansovino, Palladio, Longhena, Temenza, große Architekten, die große Bauwerke schufen. Von der Gotik über die Renaissance bis zum Barock oder Neoklassizismus – Venedig ist eine Schatzkammer der Baustile.

Venedig_©V.-Holzinger
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Kutschen und Autos hatten und haben in Venedig keinen Platz. Lebensader und Hauptverkehrsstraße ist nach wie vor der Canal Grande, von dem kleine Kanäle abzweigen, über die der Verkehr abgewickelt wird. Manche sind so eng, dass Schiffe nur verkehrt hineinfahren, da sie keine Möglichkeit zum Umdrehen haben.

Venedig_©V.-Holzinger
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Feuerwehr, Rettung, Polizei, Müllabfuhr und Transportkähne bevölkern die Kanäle und sind auf sie angewiesen.
Bewohner und Bewohnerinnen, die in einem der verwinkelten Gässchen wohnen, die keinen Kanalanschluss besitzen, müssen ihren Alltag zu Fuß bewältigen. Gar kein so leichtes Unterfangen, da zahlreiche Stufen das Weiterkommen erschweren. Touristen und Touristinnen lieben diese Idylle, Einheimische zieht es immer mehr auf das Festland, wo man auch im Alter die nötige Infrastruktur leichter in Anspruch nehmen kann.

Venedig_©V.-Holzinger
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Der Tourismus in Venedig ist überhaupt ein zweischneidiges Schwert. Millionen von Menschen wollen dieses Kleinod sehen und stürmen jährlich die Stadt. Wer schon einmal in der Hochsaison durch die engen Gassen gequetscht wurde, wird die Einheimischen verstehen, die zwar meist in irgendeiner Art vom Fremdenverkehr leben, die aber kaum Möglichkeiten haben, diesem Ansturm zu entgehen.

Venedig_©V.-Holzinger
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Von San Marco bis zur Rialto-Brücke reiht sich Luxusladen an Luxusladen, abgestimmt auf die Wünsche von Besuchern und Besucherinnen. Wer ein bestimmtes In-Label sucht, hier wird er fündig. Sogar in der Nacht könnte man hier shoppen, natürlich unter der Voraussetzung, dass man es mit dem Gesetz nicht so genau nimmt und in der Hoffnung, dass nicht gerade eine Kontrolle der Polizei um die Ecke kommt.

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Sollten Sie jedoch ein Kilo Brot oder Milch benötigen, wird es problematisch. Da müssen Sie schon sehr genau suchen. Natürlich gibt es noch den ein oder anderen Lebensmittelladen. Sie liegen abseits der Touristenpfade und werden immer weniger. Noch gibt es auch kleine Läden, in denen der Inhaber mit dir über die Qualität deiner Kamera fachsimpelt und das ein oder andere Geschäft, in dem nicht nur Seidenunterwäsche oder teures Parfum verkauft wird. Du brauchst sehr viel Spürsinn, um sie ausfindig zu machen und kommst garantiert in Gebiete, in die sich so schnell keine Fremden verirren.

Venedig_©V.-Holzinger
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Auch diese einst so typischen kleinen Bars, in denen du schnell einen Café getrunken hast, um dann gestärkt weiter zu ziehen, sie verschwinden. Geblieben sind die große Schar an Touristenlokalen, die immer mehr als Spekulations-Objekte dienen. Gestandene Venezianer-Familien werfen das Handtuch und verkaufen an meist chinesische Gesellschaften, die die Lokale innerhalb von zwei, drei Jahren an Landsleute weiterverkaufen.

Venedig_©V.-Holzinger
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Weil wir schon beim Tourismus sind. Venedig ist nach wie vor zu jeder Jahreszeit einen Besuch Wert und hat mehr zu bieten als die Piazzetta di San Marco, die Rialto- und Seufzerbrücke. Venedig ist ein Kleinod, das mit zahlreichen Museen, unzähligen Sammlungen und bezaubernden Plätzen abseits des Touristenstroms darauf wartet, entdeckt zu werden.

Venedig_©V.-Holzinger
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Tizian, Bellini, Carpaccio, Tiepolo – um nur einige Künstler zu nennen – viele Werke dieser großen Künstler sind der Stadt erhalten geblieben und wollen bewundert werden.

Venedig_©V.-Holzinger
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Suchen Sie sich die „Rosinen“ aus dem riesigen Kuchen heraus, die sie unbedingt sehen wollen. Kaufen Sie sich, je nach Aufenthaltsdauer, ein Tages-, Mehrtages- oder Wochenticket für das typische Verkehrsmittel Venedigs, für das Vaporetto.

Venedig_©V.-Holzinger
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Zuckeln Sie mit der Linie 1 kreuz und quer über den Canal Grande, steigen Sie dort aus, wo die gewünschten Ziele bequem für Sie erreichbar sind. Haben Sie es eiliger, wollen aber doch die wunderschönen Palazzi am Canal sehen, dann ist die Linie 2 das passende Vaporetto für Sie.

Murano_©V.-Holzinger
Murano_©V.-Holzinger

Fahren Sie mit der Linie 4.1 oder 4.2, die in einer großen Schleife ständig zwischen Venedig und Murano tuckern. Sie bekommen wunderschöne Eindrücke von der Insellage Venedigs, kommen zu Orten, die zu Fuß nicht erreichbar sind und haben die Möglichkeit, auf der Friedhofsinsel einen Zwischenstopp einzulegen.

Burano_©V.-Holzinger
Burano_©V.-Holzinger

Von Murano, das absolut sehenswert ist, geht dann die Linie 12 Richtung Burano und dann weiter nach Torcello. Wir haben es nur bis Burano geschafft und uns sogleich in die reizende Insel verliebt. Bedenken Sie aber, dass Sie sicher nicht der oder die Einzige sind, der oder die die Inseln besucht. Außerhalb der Hauptreisezeit gibt es nur jede halbe Stunde eine Verbindung von Murano nach Burano, die sehr stark genutzt wird.

Burano_©V.-Holzinger
Burano_©V.-Holzinger

Um Venedig so richtig zu entdecken, sollten Sie aber ihre Füße nutzen und durch die engen, schmalen Gässchen wandern, viele, viele kleine Brücken überqueren, Stufen auf und ab steigen und auch Gebiete besuchen, wo noch die Venezianer und Venezianerinnen zu Hause sind.

Venedig_©V.-Holzinger
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Jeder Stadtteil ist anders, jeder Stadtteil ist sehenswert. Diese kleinen, verwunschenen Plätze, wo nach dem Einkauf noch schnell ein Tratscherl mit der Nachbarin stattfindet, wo in der kleinen Bar noch ein kleiner Kaffee genossen wird, bevor der Alltag wieder überhand nimmt, wo sich die Einheimischen wohlfühlen.
Lassen Sie ihre Kamera dann in der Tasche, setzen Sie sich auf ein Sonnenbankerl oder stellen Sie sich an die Bar, trinken einen kleinen Café oder genießen einfach die unverwechselbare Atmosphäre.

Venedig_©V.-Holzinger
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Sie haben sich verirrt in dem Gewirr der Gässchen? Achten Sie auf die Aufschriften auf den Häusern, die immer wieder den Weg zur nächsten Vaporetto-Station oder zur nächstgelegenen Sehenswürdigkeit zeigen. Venedig ist zwar unübersichtlich, aber es ist noch niemand darin verloren gegangen.

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Und wenn dann die untergehende Sonne die Dächer der Stadt in ein warmrotes Licht taucht, etwas später der Mond groß und hell über den Markusplatz aufgeht, dann verstehst du, warum Millionen von Menschen dieser Stadt verfallen sind und immer wieder in sie zurückkehren.