Wir hatten es geschafft. Nach der gemütlichen Anreise über Deutschland, Dänemark und Schweden hatten wir unser erstes Etappenziel – Norwegen – erreicht. Norwegen, das Land mit den tiefen Fjorden, den großen Gletschern, der hohen Wasserfälle, den langen Stränden, der unwegsamen Gebirge harrte der Entdeckung.
Unser erstes Ziel lag gar nicht weit von der schwedischen Grenze entfernt. Immer den braunen Runenwegweisern folgend, machten wir auf dem rund 18 km langen Oldtidsveien eine Reise von der Bronze- bis zur Wikingerzeit. Beim Solbergturm wird in ausführlichster Form viel Wissen vermittelt und Aufschriften wie Fornminner oder Helleristninger führen entlang der Strecke zu ganzen Gräberfeldern, magischen Steinkreisen oder Felsritzungen.
Nach der Bronze- und Wikingerzeit lechzten wir nach dem 17. Jahrhundert. Fredrikstad, die einzige noch vollständig erhaltene Festungsstadt Nordeuropas, wollte von uns erobert werden. Selbstverständlich hatten wir uns vorher schlau gemacht und die Parkmöglichkeiten eruiert. Wie so oft – du machst dich schlau und es kommt ganz anders als du denkst. Die Zufahrt zum Parkplatz war versperrt und ein Ordner deutete weiterfahren. Also immer den Straßenverlauf folgend, an gesperrten Straßen vorbei, mit einem Navi, das ununterbrochen erzählte „jetzt rechts abbiegen“ und später „wenn möglich, bitte wenden“, entfernten wir uns immer weiter von unserem Ziel. Endlich konnten wir rechts abbiegen und uns über Schleichwegen wieder unserem Ziel nähern. Wir landeten vor einem Parkplatzordner, der uns einen Platz zuwies. Rings um uns Menschenmassen, Autobusse aus denen Schülerscharen krabbelten, Privatautos, die nach einem Parkplatz lechzten – ein richtiges Remasuri. Wir hatten den schlechtesten Tag für die Besichtigung gewählt. Aus ganz Norwegen waren Schülermannschaften und natürlich deren Eltern und Verwandte angereist, um an dem Ausscheidungskampf zu einem der wichtigsten Volleyball-Turniere Norwegens teilzunehmen.
Der Zufall hatte uns zwar nicht ganz vor die Tore von Fredrikstad, aber direkt zu Füßen der Frederiksten-Festung gebracht. Wir enterten die Festung und genossen einen wunderbaren Ausblick auf Stadt und Fjord. Dann trabten wir Richtung Festungsstadt, überquerten den Wassergraben, besichtigten den Erdwall mit den aufgestellten Kanonen, schlenderten durch die engen Gassen und bewunderten die rosenumrankten kleinen Gebäude.
Unser nächstes und Endziel für diesen Tag war der rund 80 km lange Haldenkanal. Der Kanal führt über weite Strecken durch bereits vorhandene Seen und wird auch heute noch von kleinen Schiffen als Verbindung zwischen Skulerud und Tistedal genutzt. Wir spazierten zur Brekkeschleuse, die mit ihren vier Kammern und einer Hubhöhe von 26,6 m die höchste Schleuse Nordeuropas ist, warteten, ob ein Schiff vorbeikäme und da uns kein Kapitän diese Freude machte, schlüpften wir in unseren Camper und schliefen tief und fest bis zum nächsten Morgen.
Unser nächstes Ziel war die aus der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts stammende Kirche von Rygge. Im romanischen Stil erbaut, ist sie eine bedeutendsten und am reichsten ausgestatteten Kirchen Norwegens.
Zuhause hatten wir schon beschlossen, dass Oslo einen eigenen Städteflug wert sei. Durch den 7,2 km langen Oslofjordtunnel fuhren wir Richtung Drammen. Da wir noch nicht genug Tunnel an diesem Tag hatten, „spiralten“ wir durch das Berginnere den Aussichtsberg von Drammen. Eigentlich und überhaupt ist „Spiralen“ ein Überbleibsel eines Steinbruchs. Weil das Sprengen zu großen Lärm gemacht hätte, sprengte man im Inneren des Berges. Da die Norweger geschäftstüchtige Leute sind, wird dies nun touristisch genutzt und am Ende der Dauerkurve findet man sich hoch über dem Drammenselva und Drammensfjord wieder. Von hier aus können schöne Wanderungen unternommen werden und ein Waldlehrpfad führt in die norwegische Flora ein. Nach der „Ringelspielfahrt“ tranken wir gemütlich Kaffee, kosteten die Schokoladentorte im Spiraltoppen-Café und genossen die schöne Aussicht ins Tal. Wieder die Kurven hinunter, immer den Drammensfjord entlang, erreichten wir Fossesholm. Das schön gelegene, im Rokokostil ausgestattete Gut, besitzt eine Sammlung von handgemalten Leinwandtapeten aus dem 18. Jahrhundert und steht unter Denkmalschutz. Da es schon spät war, fuhren wir unserem Tagesendziel – Kongsberg – entgegen. Zum Übernachten wählten wir den riesigen, menschenleeren Parkplatz beim Skicenter aus. Aus der Ferne sahen wir hin und wieder einen Bus kommen, bei der Haltestelle warten und dann wieder leer abfahren. Zeitweise fuhr auf der weit entfernten Straße ein Auto vorbei, sonst war es mehr als friedlich. Müde fielen wir in unsere Betten und waren sofort eingeschlafen. Leider hatten wir nicht vorausgeahnt, dass in den kurzen Nächten die norwegische Jugend sehr unternehmungslustig ist. So um halb drei Uhr in der Nacht mutierte die Schipiste zum Motorcross-Gelände und etliche Jugendliche zeigten ihr Können. Um diese Zeit konnten wir das Gezeigte nicht so wirklich schätzen und gegen vier Uhr fielen wir wieder in einen unruhigen Schlaf.
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Etwas müde machten wir uns zur Besichtigung von Kongsberg auf. Die durch ihre Silbervorkommen reich gewordene Stadt wird von den gischtenden Stromschnellen des Lågen in zwei Teile geteilt. Die größte Barockkirche Norwegens zeugt von dem ehemaligen Reichtum und das Bergwerkmuseum lädt zur Besichtigung.
Hügelauf, hügelab, durch dichten Wald, an Eisresten vorbei, fuhren wir, mit Sicht auf schneebedeckte Berge, Richtung Notodden am See Heddalsvatnet. Unser Ziel war die größte Stabkirche Norwegens mit ihren drei Türmen. Bereits um 1250 wurde der älteste Teil der Kirche erbaut und um 1350 zur jetzigen Größe erweitert. Wir hatten Pech – Kirche und anschließendes Freilichtmuseum waren geschlossen – wir waren in der Jahreszeit zu früh dran. Also Fotos von außen gemacht, Kaffee im Camper zubereitet und mit Blick auf die Kirche am Rastplatz genossen.
Nach etlichen kurvigen Kilometern Richtung Dalen hätten wir fast die Abzweigung zur Stabkirche von Eidsborg versäumt. Bereits um 1300 erbaut, wirkt sie heimelig und irgendwie erdverbunden. Ein paar Meter weiter lädt das Vest-Telemarkmuseum zur Besichtigung. Über Serpentinen, mit wunderbarem Blick auf Telemark-Kanal und Bandak-See, erreichten wir Dalen. Dalen liegt am Beginn oder Ende des Telemark-Kanals, wie man es gerade sieht. Der über 100 Jahre alte Kanal führt 105 km durch die traumhafte Landschaft der Telemark und ist Naturerlebnis und Technikabenteuer in einem. Über 18 Schleusen und die vier Binnenseen Norsjø, Flåvatn, Kvideseitvatn und Bandak werden passiert und ein Höhenunterschied von 72 m überwunden. Unser Sinn stand jedoch nicht nach einer Bootsfahrt. Nach einem Blick auf das mit Holzschindeln bedeckte historische Hotel „Dalen“ schraubten wir uns in Serpentinen den Berg hinauf. Entlang der großen Seen Vråvatn und Nisser und vieler kleiner Seen fuhren wir, oft ohne einer Menschenseele zu begegnen, Richtung Kragerø, der „Perle des Südlands“. Die Helligkeit nutzend, strandelten wir durch die verwinkelten Gässchen von Kragerø, der „weißen Stadt“, bis zum Hafen und bewunderten die weiß gestrichenen Häuschen.
Zuhause hatten wir bereits beschlossen, dass wir auch immer wieder Campingplätze aufsuchen wollten. Somit fuhren über ein immer schmäler werdendes Sträßchen zum Lovisenberg Familiecamping. Der Campingplatz liegt direkt am Meer und ist in Etagen angelegt. Wir ergatterten ein freies Etagenplätzchen und nahmen damit unseren oberen Nachbarn die Sicht auf das Meer. Bereits in der Vor-Vor-Saison extrem eng, fürchten wir, dass der Platz in der Hochsaison eher ungemütlich wird. Schon bei unserem Besuch herrschte das Motto: „Der Nachbar weiß über eventuell vorhandene Verdauungsschwierigkeiten bestens Bescheid, ob er will oder nicht.“
Am nächsten Morgen fuhren wir, so weit es ging, immer entlang der Küste, zum nächsten „weißen Städtchen“, nach Risør. Vom steilen „Risørflekken“ bewunderten wir die Aussicht über den vorgelagerten Schärengürtel, statteten dem „Risør Akvarium“ einen Besuch ab und spazierten durch die Gassen mit ihren weiß gestrichenen Häusern.
Arendal mit seinen „Pollen“ war unser nächstes Ziel. Gleich hinter der Trefoldighetskirken fanden wir einen Parkplatz. Die Kirche war, wie so oft in Norwegen, nur zu bestimmten Zeiten zu besichtigen. Wir begnügten uns mit einem Außenrundgang, statteten dem bestens renovierten Stadtteil Tyholmen einen Besuch ab und gönnten uns in einem Kaffee, mit Blick auf den Pollen, ein fruchtiges Eis.
Kristiansand, das 1641 von König Christian IV. gegründete Städtchen stand als nächster Programmpunkt an. Quadratisch angelegt, sind die Highlights sicher die Domkirche aus dem Jahre 1885, die leider geschlossen war, und die Festung Kristiansholm, malerisch im Hafenbecken gelegen.
Wir schwangen uns wieder auf die E39 um Mandal, Norwegens südlichste Stadt, an der „norwegischen Riviera“ zu besuchen. Zwischen weiß gestrichenen Holzhäuschen sichten wir die im Empire-Stil erbaute Kirche von Mandal. Leider war auch diese Kirche geschlossen und so steuerten wir den längsten Sandstrand Norwegens im Naturpark Sjøsanden an. Camper geparkt, kleinen Spaziergang am Strand absolviert, gemütliche Kaffeepause eingelegt und schon ging es dem Endziel des Tages, dem Kap Lindesnes, dem Südkap von Norwegen, entgegen. Ab Vigeland immer dem Sträßchen ans Kap folgend, landeten wir vor den Toren des Campingplatzes Lindesnes. Weit und breit niemand zu sichten. Wie in Zukunft so oft, nur ein Zettel, man solle sich ein nettes Plätzchen suchen und am Abend käme dann jemand vorbei. Camper geparkt, einen Spaziergang entlang der Felsen, mit Blick auf das Meer, gemacht, zum Meer hinuntergekraxelt und dem Wellenspiel zugesehen. Am Abend leisteten wir unseren Obolus und genossen dann die friedliche Einsamkeit.
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Der Leuchtturm Lindesnes fyr, der südlichste Festlandpunkt Norwegens war unser nächster Programmpunkt. Da wir für norwegische Verhältnisse viel zu früh ankamen, waren der Leuchtturm, das daneben befindliche Kaffee und das Museum noch geschlossen. Bei einem kleinen Rundgang ließen wir uns den Wind um die Nase wehen und machten uns Richtung Lysta fyr auf. Also zurück nach Norden, auf der hohen, schmalen Brücke die Verbindungsstelle zwischen dem zum Meer hin offenen Grønsfjord und dem grünen Lenefjord überquert und in Serpentinen hinab zum Rosfjord. Nach soviel fahren und Kurven hatten wir uns einen Strandspaziergang verdient. In der Nähe von Kvavik vertraten wir uns an einem goldgelben Strand die Füße und machten eine kleine Jausenpause. Immer der Straße 43 folgend, fuhren wir durch Tunnel, über Brücken, immer wieder fantastische Ausblicke genießend, Richtung Halbinsel Lista. Auf der ebenen Halbinsel befindet sich an der Südwestecke der Leuchtturm Lista fyr, umgeben von einem riesigen Vogelschutzgebiet. Nach einem kleinen Picknick wollten wir noch mehrere Highlights an diesem Tag erleben. Also auf nach Flekkefjord und dann die Straße 44 Richtung Egersund genommen. Immer steiler bergauf, an romantischen Seen vorbei, schraubt sich die immer schmäler werdende Straße durch dramatische Felsszenerien. Vor Åna Sira geht es Serpentine um Serpentine wieder hinunter zum Meer um gleich wieder auf Serpentinen den Berg hinauf in eine Felsenlandschaft einzutauchen. An kleineren und größeren Seen vorbei windet sich das Sträßchen wieder zum Jössingfjord hinab. An seinem Scheitelpunkt befinden sich, geduckt unter einem Felsen, die Helleren, zwei Häuschen aus dem 17. Jahrhundert. Kurz geparkt, dem eiskalten Wind entgegengestemmt, die Häuschen fotografiert und den über uns donnernden LKWs der nahen Baustelle zugehört. Weiter ging die Fahrt wieder hinauf, durch schmalste Tunnel, immer mit Gegenverkehr rechnend, von Kurve zu Kurve und wieder hinab Richtung Hauge. Kurz vor Hauge machten wir einen kleinen Ausflug zum Ruggestein, der uns an die Wackelsteine im Waldviertel erinnerte. Der 60 Tonnen schwere Stein kann mit einer Hand zum Schaukeln gebracht werden und ist, neben der schönen Kirche, die Attraktion von Hauge. Weiter auf der Straße 44, zwischen zerklüfteten Felsformationen, an herrlich gelegenen Seen vorbei, von Kurve zu Kurve, immer weiter Richtung Egersund an der Küste. Von Egersund nahmen wir die Straße 502 auf die Insel Eigerøya. In der Nähe des Badeplatzes Skadbergsanden parkten wir unseren Camper mit Blick auf das Meer. Die Sonne meinte es gut mit uns, ein eiskalter Sturm verhinderte aber das gemütliche Essen im Freien. Unser Camper schaukelte uns, vom Wind gepeitscht, in einen unruhigen Schlaf.
Nach der doch etwas sehr unruhigen Nacht kehrten wir zur Straße 44 zurück. Diese schlängelt sich, einmal mit Blick auf das Meer, dann wieder durch das Landesinnere, Richtung Sandnes. Bei Sandnes wechselten wir auf die Straße 13 Richtung Lauvvik. Mit der Fähre über den Høgsfjord nach Oanes geschippert und auf dem Picknickplatz beim Lysefjordsenter, mit Blick auf die Lysefjordbrücke, einen kleinen Happen gegessen. Nicht der über 600 m hohe Preikestolen war unser Ziel, wir wollten dem rund 250 km langen Ryfylkevegen folgen. Sehen wollten wir ihn doch – den Preikestolen. Durch einen Tunnel, hinauf auf die Lysefjordbrücke, wieder ein Tunnel und immer entlang des Fjords. Nach dem Örtchen Eine den Berg hinauf und irgendwann kam die Abzweigung zum Wanderparkplatz Skrøylå. Von hier hatten wir einen schönen Blick auf das Felsmassiv und fanden, nach einigem Suchen, auch den Felsen des Preikestolen. Da wir ab sofort in die Märchenlandschaft des Ryfylke eintauchen wollten, kehrten wir Richtung Lysefjordsenter zurück und folgten der Straße 13, entlang des Idsefjords Richtung Tau. Bei Solbakk bewunderten wir die Felszeichnungen. Schon in der Bronzezeit war hier Siedlungsgebiet, wir befanden uns auf geschichtsträchtigen Boden. Nach Tau fuhren wir entlang des traumhaft gelegenen Bjørheimsvatn, weiter zum Tysdalsvatn. Die Straße wurde immer enger, kurviger. Kurz vor Årdal stellten wir fest, es sei bald genug für den heutigen Tag. Also Ausschau gehalten für die nächste Übernachtungsmöglichkeit. Da blitzte rechts an der Straße ein kleines Täfelchen mit einem Wohnmobilsymbol auf und ein kleines Schottergässchen führte steil den Berg hinan. Kurze Beratung – ja oder nein? Ja – also 1. Gang eingelegt und bergan, irgendwo würden wir, wenn nötig, schon umdrehen können. Nach circa 1 1/2 km landeten wir mitten auf der Alm, bei einem traumhaft gelegenem Hotel. Großer Parkplatz, großes Holzhaus und dahinter gepflegt wirkende Hütten zum Vermieten. Wie so oft – weit und breit kein menschliches Wesen. Ringsum Schafe auf der Weide und von der Terrasse des Hotels ein weiter Blick über die Berge, bis zum blau schimmernden Årdalsfjord. Wir hatten ein Traumplätzchen gefunden. Jetzt brauchten wir nur mehr jemanden, der uns sagte, was es denn koste, hier mit dem Camper zu übernachten. Nach längerem Klopfen öffnete sich doch die Tür des Hotels und der Besitzer meinte, es sei alles kein Problem. Er müsse zwar dann weg und käme erst am nächsten Tag gegen Mittag wieder. Wir hätten das ganze Gelände für uns und sollten uns hinstellen, wo es uns gerade freue. Strom für unseren gefräßigen Kühlschrank gäbe es auch und ein Wasserhahn zum Nachfüllen unseres Tanks sei gleich bei der Scheune. Auf der Terrasse des Hotels heizten wir den Griller des Hauses an, saßen in der milden Abendsonne, blickten ins Tal und ließen es uns bei einem Gläschen Wein aus der Wachau gut schmecken. Beim Glockengebimmel der um uns weidenden Schafe glitten wir zufrieden in den Schlaf.
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So ein, zwei oder mehr Tage hätten wir es auf diesem Fleckchen schon ausgehalten, aber wir mussten weiter. Wieder 1. Gang eingelegt, bergab gezuckelt und die Kurven nach Årdal hinabgeschraubt. Nach Årdal wieder bergauf, dann wieder bergab, wieder bergauf, den Hetlandsvatn entlang und wieder bergab bis nach Fister am Fisterfjord. Das Sträßchen immer weiter, unter hängenden Felsen hindurch, immer bremsbereit, bis wir nach Viga den Garsundsfjord erreichten. Auf der Straße 13 rollten wir bequem bis zur Fähre nach Hjelmeland und setzten dort nach Nesvik über. Entlang des Jøsenfjord und seiner steilen Felswände, immer wieder durch Tunnel, ging unsere Fahrt. Wieder Kurven hinan und am Bergrücken wieder hinunter zum Erfjord. Über eine mächtige Hängebrücke über den Tyssefjord, weiter zum nächsten See und zum Sandsfjord. Immer den gischtenden Wassermassen des Suldaslågen entlang, an seinen brodelnden Engstellen und Katarakten vorbei bis zum Suldalsvatn. Immer weiter schraubte sich die Straße ins Gebirge. Schnee- und eisbedeckte Gipfel, Eisreste entlang der Straße und dann setzte leichter Schneefall ein. Als wir Horda erreichten, schneite es waagrecht und ein eiskalter Wind pfiff uns um die Ohren. Es war Zeit, das Gebirge zu verlassen. Wir wollten über die Straße 520 diese Welt aus Fels, Bergen, Wasser und Licht weiter erleben. Leider hatte die Straße noch Wintersperre und so fuhren wir die breite, gut geräumte E 134 über Skare nach Etne und weiter nach Sandeid. Hier wollten wir beim Bobobcamping am Hafen unsere Zelte für die kommende Nacht aufschlagen. Nach einem kurzen Rundgang sahen wir die aufgebrochene Bobobcamping-Kassa und eingeschlagene Scheiben bei einigen Gebäuden. Obwohl es bereits ein recht langer Tag gewesen war, beschlossen wir ein anderes Nachtquartier zu suchen. Ein paar Kilometer weiter, in Vikedal, hatte der Campingplatz Søndenaastranden ein nettes Plätzchen, mit Sicht auf das Meer, für uns. Als dann spät am Abend der Regen auf das Camperdach trommelte, schlüpften wir in unsere Betten und schliefen friedlich bis zum nächsten Morgen.
Das Wetter hatte über Nacht umgeschlagen. Als wir aus dem Camper schauten, blinzelte die Sonne aus den Wolken. Vor uns blitzte das Meer und ein leichter Wind spielte mit den Wellen.
Wir fanden, dass dieses Wetter geradezu zu einem Tag am Meer und einer kleinen Inselrundfahrt einlud. Zuerst wollten wir aber der Fischerei- und Handelsstadt Haugesund einen Besuch abstatten. Also brav die norwegische Straßensteuer rund um Haugesund abbuchen lassen und dann einen kleinen Spaziergang rund um das roasafarbene Rathaus gemacht. Circa zwei Kilometer außerhalb des Zentrums zum Grab des Wikingerkönigs Harald Schönhaar gepilgert und den 17 m hohen Obelisken, umgeben von 29 kleineren Steinen sowie das verwitterte Steinkreuz aus frühchristlicher Zeit bewundert. Beim Hinunterblicken auf das Meer registrierten wir den schön gelegenen Campingplatz und merkten ihn uns für eine eventuelle Übernachtung vor. Die Sonne schien bereits schön warm, es war Zeit für eine Inselrundfahrt. Flugs setzten wir über die Karmsund bru auf die Insel Karmøy über. Der Norden der Insel gilt als die Wiege Norwegens. Auf einer grasigen Hügelkuppe erhebt sich die Kirche von Åvaldsnes. Mit ihren mächtigen Mauern wirkt sie trutzig und ist Olav dem Heiligen gewidmet. An der linken Seite der Kirche neigt sich ein 6,5 m Monolith, die „Nähnadel Jungfrau Marias“, der Kirche entgegen. Sollte die „Nähnadel“ jemals die Mauern der Kirche berühren, so die Sage, ist das Ende der Welt gekommen. Damit das nicht so rasch geschehe, wurde bereits einmal nachgeholfen und der oberste Teil der Spitze entfernt. Da es anscheinend bis zum jüngsten Gericht doch noch etwas dauert, beschlossen wir, die Insel weiter zu erforschen. Visnes, das Grubenmuseum stand auf unserem Programm. Vor dem Museum steht eine kleine Freiheitsstatue im Gedenken daran, dass das Visnes-Kupfer zur Errichtung der Freiheitsstatue in New York verwendet wurde. Weiter ging es zum Städtchen Skudeneshavn mit seinen feinsandigen Badestränden, das sich mit dem Prädikat „Norwegens Sommerstadt“ schmücken darf. Bis jetzt war die Straße als Hauptstraße schön breit ausgebaut und wir konnten zügig dahin fahren. Zurück ging es dann über die Ostseite. An Schärenlandschaft, Heidekraut und Felsenküste vorbei, auf einer Straße, die immer enger wurde, schlichen wir von Kurve zu Kurve. Immer bremsbereit, immer um die nächste Ecke spähend. Als wir wieder Haugesund erreichten, wollten wir noch ein paar nette Stunden am Meer verbringen. Wir beschlossen den vorher gesichteten Campingplatz anzufahren. Leider standen wir vor verschlossenem Schranken, bei der angegebenen Nummer hob niemand ab und so fuhren wir weiter. Die Gunst des Wetters nutzend, wollten wir wieder gebirgigere Regionen aufsuchen. Vorerst landeten wir in Etne beim Campingplatz Kyrping, direkt am Etnefjord. Wir packten unsere Sessel aus, schauten einem Buben zu, wie er beim Muschelsuchen seine Gummistiefel erfolgreich mit Meerwasser füllte, tranken in der milden Sonne noch ein Glaserl Wein und waren rundum zufrieden.
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Immer weiter ging unsere Route in das Gebirge. Zuerst über sanfte Almhänge, dann entlang des blitzenden Stordalsvatn, dann steile, kahle, mit Schnee bedeckte Berghänge. Tief unter uns das Blau des Åkrafjords, zu dem wir jetzt hinabfuhren. Immer entlang des Åkrafjord, durch den 7,5 km langen Åkrafjordtunnel, vor uns eine Märchenkulisse mit in der Sonne leuchtenden Schneegipfeln rund um die Hochebene der Hardangervidda. Vorbei an gischtenden Wasserfällen bis zum 612 m über eine Felskante donnernden Langfoss-Wasserfall. Entlang senkrechter Felswände, Katarakten, Wasserfällen, immer weiter bis zum dröhnenden Låtefoss-Wasserfall. Der Zwillingswasserfall stürzt direkt neben der Straße 165 m im freien Fall vom Fels herab und seine Sprühnebel gischten über die Straße. Entlang eines wilden Gebirgsflusses erreichen wir Odda im engen Tal des Sørfjords, des längsten Seitenarms des Hardangerfjords. Im Westen erhebt sich der Folgefonn-Gletscher auf den man von Odda einen traumhaften Blick hat. Immer weiter dem Sørfjord und dann dem Eidfjord folgend, bis zum 182 m hohen Vøringfoss, dem höchsten Wasserfalls Norwegens im freien Fall. Vom Vøringfoss kurvten wir wieder retour nach Brimnes und nahmen die Fähre über den Eidfjord nach Ruravik. Einen kleinen Abstecher zur Bordalsgjel Schlucht gemacht und in die Tiefe geblickt und dann in das Schi- und Wanderparadies Voss. Voss mit seiner Vangskyrkja aus dem 13. Jahrhundert, dem alten Olavskreuz sowie einem der ältesten Gebäude Norwegens – Finnesloftet. Dem Lønavatn folgend, von Wasserfällen begleitet, erreichten wir den breit aufgefächerten, in zahllosen Stufen herabfallenden Tvindefoss Wasserfall. Immer steiler hinauf ins Gebirge, Schneefelder ringsum, an der höchsten Stelle zwischen Bergen und Gudvangen der Oppheimsvatn. Durch Tunnel bergab bis nach Gudvangen. Wasserfälle, Steinwände, hohe Berge und der Nærøfjord – eine Traumlandschaft. Über ein kleines Sträßchen rollen wir, wieder von Kurve zu Kurve, steil bergab nach Undredal mit seiner kleinen Kirche. Undredal, direkt am Aurlandsfjord gelegen, ist umrahmt von hohen Bergen, Wasserfälle rundum und vor dir das Meer. Camper abgestellt und die einzigen Menschen, die zu sehen waren, gefragt, wie es denn mit dem zu leistenden Obolus wäre. Ein kurzer Blick auf unsere Nummerntafel, dann ein freundliches „Grüß Euch Gott“. Wir waren an die einzige Österreicherin weit und breit geraten. Aus der Gegend um Kaprun stammend, hatte es sie seit einigen Jahren nach Oslo verschlagen. Da langes Wochenende in Norwegen war, verbrachte sie einige Tage am Aurlandsfjord. Nach einem längeren Plausch und der Empfehlung, den kleinen Ortsladen am nächsten Tag zu besuchen, da gäbe es guten Schafkäse und der Besitzer wäre auch für den Stellplatz zuständig, nahm sie ihre Angelrute und begab sich zum Fischen. Wir machten noch einen kleinen Abendspaziergang und schlüpften in unsere Betten, umgeben von einer wahren „Traumkulisse“.
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Südnorwegen lag hinter uns und ab dem nächsten Tag wollten wir Mittel- und Nordnorwegen, mit den höchsten Bergen und größten Seen des Landes, mit dem Gletschereis und den tiefen Fjorden erkunden.
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