Zu Besuch in Görlitz, der östlichsten Stadt Deutschlands

Gleich an der Grenze zu Polen liegt Görlitz, Deutschlands östlichste Stadt, die dank ihrer prächtigen Altstadt von Touristen und Touristinnen gestürmt wird.

Lange Zeit Grenzstadt, deren östlich der Neiße gelegene Teil nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges Polen zugesprochen und in Zgorzelec umbenannt wurde, wächst langsam wieder mit seinem ehemaligen Stadtteil zusammen.

Dass das Altstadtbild von Görlitz, das den Zweiten Weltkrieg fast ohne Zerstörungen überstand, noch heute tausende Besucher und Besucherinnen anzieht, ist zum großen Teil einem radikalen Umdenken in der Stadtplanung und vor allem seinen Bewohnern und Bewohnerinnen zu verdanken.

Erst Anfang der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts besann man sich auf das große kulturelle Erbe und fing an, den oft kritischen Bauzustand zu sanieren und bei Neubauten eine Symbiose mit dem Althergebrachten anzustreben.

Bis auf einige Ausnahmen, bei denen Besitzverhältnisse nicht geklärt sind, oder sich Besitzergemeinschaften nicht einig werden können, besitzt Görlitz heute eine schmucke Stadtkulisse, die mit größtenteils aufwendig sanierten Einzeldenkmälern aufwartet.
Damit das finanziell zu schultern war, ist auch der „Görlitzer Altstadtstiftung“ zu verdanken, die von einem unbekannten Gönner stammt und genau 1.000.000 DM ausmachte.

Görlitz_©V. Holzinger

In der deutsch-polnischen Europastadt trifft Gotik auf Renaissance und Barock, Jugendstil und Gründerzeit geben sich ein Stelldichein.

Görlitz erkundet man am besten zu Fuß. Wir residierten mit unserm WoMo am ruhig gelegenen „Rosenhof“. Der Rosenhof ist eine große Freizeitanlage am Rande von Görlitz, der auch Wohnmobil-Plätze anbietet. Die Straßenbahn ist leicht zu erreichen und mit ihr landet man bald am Hauptbahnhof, von dem die Fußgängerzone Richtung Innenstadt geht.

Um einen gröberen Überblick zu erhalten, machten wir eine kleine Stadtrundfahrt mit dem „Schleicher“, der durch die Gassen hoppelt und auch einen Besuch der Brauerei Landskron miteinschließt.
Nach einem kühlen Bierchen und einer kleinen Auszeit „schleichst“ du dann durch Villenviertel zurück in den Altstadtkern und kannst dich nun gezielt auf Sightseeing-Tour machen.

Der vor dem Marienplatz angeordnete Postplatz ist zur Zeit Baustelle pur. Der Marienplatz selbst trumpft mit der spätgotischen Frauenkirche auf und auch Deutschlands schönsten Warenhaus, das im Jugendstil erbaut wurde, ist hier zu finden.
Der Dicke Turm bildet das Nordende des Marienplatzes und ist noch ein Rest der alten Stadtbefestigung.
Naturinteressierte werden im Senckenberg Museum vorbeischauen, dessen Sammlungsschwerpunkte auf Botanik, Geologie und Zoologie liegt.

Weiter geht es am Theater und dem einstigen Bollwerk im Dreißigjährigen Krieg, dem Kaisertrutz, vorbei zum Obermarkt, der mit prächtigen Barockhäusern punktet.
Wer den Reichenbacher Turm erklettert, kann die schöne Aussicht über die Stadt genießen und gleichzeitig das älteste Gebäude am Platz, die Dreifaltigkeitskirche bewundern.
Wenn man dann wieder den Erdboden erreicht hat, gilt es noch in der Kirche den spätgotischen Chor und den barocken Hochaltar zu bewundern.

Wenn Sie jetzt einen Stadtplan brauchen, gleich nach dem Obermarkt, Richtung Untermarkt, findet man die Stadtinformation, die einen Plan für Sie bereithält.

Fast schon mediterran geht es rund um den Untermarkt zu. Hier herrschen Barock und Renaissance, hier steht das Rathaus mit seinen zwei Uhren, die ebenfalls aus der Renaissance stammen.
Am Untermarkt steht auch Görlitzs ältestes Renaissance-Bauwerk, der Schönhof und das Kulturhistorische Museum. Wunderschöne Reliefs zieren das Biblische Haus und wer einmal mit dem Partner oder der Partnerin flüstern will, sollte beim haus Nr. 22 vorbeischauen. Dort gibt es nämlich einen „Flüsterbogen“ dessen Sandstein den Schall von der einen auf die andere Seite leitet.
Sollten Sie dann die Reiseleiterin vom „Schleicher“ haben, die uns begleitete, dann können Sie sich auf ein nettes Ständchen im Eingang des Gebäudes freuen.

Vom Untermarkt schlendert man dann gemütlich bis zur größten spätgotischen Hallenkirche Sachsens, der St. Peter und Paul. Wer mehr Zeit aufbringt, sollte sich erkundigen, wann die berühmte Sonnenorgel von Eugenio Casparini bespielt wird, aber auch das Innere der Kirche ist absolut sehenswert.

Sie wollten immer schon die Grabeskirche Christi in Jerusalem besuchen, sind aber noch nicht dazugekommen? Dann schauen Sie doch beim Heiligen Grab vorbei, das eine verkleinerte Kopie ebendieser ist.

Görlitz_©V. Holzinger

Sie können aber auch das schmale Gässchen, das von St. Peter und Paul zur Neiße führt, hinab schlendern und über die Altstadtbrücke Zgorzelec in Polen besuchen.

Wem nach einem Spaziergang im Grünen ist, schlendert durch den Stadtpark kommt dann auch an der Synagoge vorbei, die im Jugendstil erbaut wurde und heute als Begegnungsstätte dient.

Weil wir schon beim Heute sind. So wie viele deutsche Städte, so kämpft auch Görlitz mit einem Bevölkerungsproblem. Die Jugend wandert ab, da die Arbeitsplätze immer rarer werden. Nun hat zwar Siemens den Standort bestätigt, Bombardier bleibt anscheinend auch, aber anscheinend stehen Personalkürzungen ins Haus.

Görlitz gilt heute als Stadt „der Alten“ und zahlreiche Pflege- und Wohnheime für Senioren und Seniorinnen sind in der Stadt beheimatet.
Mit der Euro Akademie Görlitz und der TÜV Rheinland Schule hoffen die Stadtväter und -mütter, dass auch junge Menschen Görlitz oder dessen Umgebung als Lebensmittelpunkt wählen.

Da wir ja nur auf Besuch waren, schnabulierten wir zuerst beim „Senfladen“ eine Thüringer Bratwurst, später gönnten wir uns noch einen Kaffee am Untermarkt, wanderten wieder zum Bahnhof und kehrten zu unserem Wohnmobil zurück.