Der Mitternachtssonne entgegen – Mit dem Wohnmobil kreuz und quer durch Skandinavien – Gletscher – Fjorde – Trauminseln

Nach der gemütlichen Anreise über Deutschland, Dänemark und Schweden hatten wir Südnorwegen erkundet, das jetzt hinter uns lag. Ab sofort wollten wir Mittel- und Nordnorwegen, mit den höchsten Bergen und größten Seen des Landes, mit dem Gletschereis und den tiefen Fjorden kennenlernen.

In Undredal hatten wir fest und tief neben einem Wasserfall der in den Fjord gischtete geschlafen. Nach einem Sprung in den kleinen Einkaufsladen, wo wir uns mit Schaf- und Ziegenkäse eindeckten, schraubten wir uns die Serpentinen hoch Richtung Flåm. Gleich durch den 5 km langen Flenja-Tunnel und hinab nach Flåm am Zipfel des Aurlandsfjord.

Von Flåm zuckelt die historische Flåmbahn auf 20 Kilometern zur 865 m hoch liegenden Station Myrdal. Nicht nur Eisenbahnfreunde bekommen bei ihrer Nennung Herzerl in den Augen. Mit einer durchschnittlichen Steigung von 5,5% hält sie den Weltrekord für Eisenbahnen auf Normalschienen. Mit fünf verschiedenen Bremssystemen ausgestattet, schlängelt sich der Zug durch das enge, wildromantische Tal, fährt auf den schönsten Strecken langsam, damit nur ja jeder Passagier ordentlich fotografieren kann und nimmt so nebenbei zwei der höchsten Wasserfälle Norwegens, den 390 m hohen Rjoandefoss und den 225 m hohen Kjosfoss mit.

copyright Veronika Holzinger_IMG_8522

Nach unserem Eisenbahnerlebnis rollten wir Richtung Aurland und dann weiter einem technischen Meisterwerk entgegen. Vor uns lag der 24,5 km lange Lærdalstunnelen, der längste Straßentunnel der Welt. Der im November 2000 eröffnete Tunnel verbindet Aurland mit dem Lærdal. 24 km können ganz schön lang werden. Damit kein Engegefühl aufkommt, wurden alle 6 km beleuchtete, breite Stellen ausgebaut, die wie Gletscherhallen wirken und in denen man sogar aussteigen kann.

copyright Veronika Holzinger_IMG_8532
Nach soviel Tunnelerlebnis stand wieder Kultur am Programm. Durch das malerisch enge Lærdal ging es Tunnel über Tunnel nach Borgund mit seiner teergeschwärzten Stabkirche. Seit ihrer Erbauung um 1150 blieb sie so gut wie unverändert. Mit ihren prächtig geschnitzten Drachenköpfen und ihren Runeninschriften wirkt sie mächtig, ja fast furchteinflößend.

copyright Veronika Holzinger_IMG_8541

Wieder durch das Læerdal zurück, diesmal nicht durch die Tunnelkette, sondern auf der historischen Route, schlängelten wir uns durch die Schlucht, an Wasserfällen vorbei, bis sich das Tal weitete und ringsum blühende Obstbäume die Straße säumten. Weiter durch den 6 km langen Fodnes-Tunnel zur Fähre nach Fodnes. Von Fodnes setzt die Fähre über den Aurlandsfjord nach Kaupanger über. Hier stand wieder Kultur am Plan. Eine der größten Stabkirchen Norwegens wollte fotografiert werden. Die schlicht gehaltene Kirche ist nicht so mächtig wie ihre Schwester in Borgund, strahlt aber weit aus mehr Wärme aus.

copyright Veronika Holzinger_IMG_8556
Unsere Route führte uns weiter nach Sognadalsfjøra an den dunklen Wassern des Sognefjords gelegen. Die Felswände rund um den Sognefjords ragen bis zu 1200 m gegen den Himmel und genauso weit reichen sie unter Wasser in die Tiefe. Das an einem Seitenarm des Sognefjords gelegene Fjærland lockte. Fjærland liegt direkt am Jostedalbreen, dem größten Gletscher auf dem europäischen Festland. Die wildromantische Landschaft verführt zu Wanderungen in die Gletscherregionen. Auch befindet sich hier das Norsk Bremuseum, das Norwegische Gletschermuseum, in dem man alles Wissenswerte über die Faszination Gletscher erfahren kann. Auf der RV 5 fuhren wir durch funkelnde Schneefelder, die Gletschermassen fast zum Greifen nah. Einem kleinen Stichsträßchen folgend, an Campern vorbei, die sich die Sonne auf die Nase scheinen ließen, landeten wir bei einem Besucherzentrum, vis a vis des mächtigen Bøyabreen-Gletschers. Im Garten des Kaffees suchten wir uns einen Platz an der Sonne, aßen ein Eis, tranken Kaffee und bewunderten die bläulich schimmernden Eisüberhänge.

copyright Veronika Holzinger_IMG_8566
An Eisriesen und gischtenden Wildbächen vorbei sowie durch Tunnel führte uns die RV 5 direkt nach Skei, am See Jølstravatnet gelegen. Es war spät geworden und wir sehnten uns nach einem ruhigen Plätzchen zum Rasten und Schlafen. Umrahmt von Bergen und Wasserfällen fanden wir in der Nähe von Byrkjelo einen Campingplatz direkt am See Breimsvatnet und konnten den Abend genießen.

copyright Veronika Holzinger_IMG_8587

Das Wetter versprach auch in den nächsten Tagen stabil zu bleiben. Bei strahlendem Sonnenschein fuhren wir durch eine Traumgebirgslandschaft. Entlang des blau leuchtenden Innvikfjords und des Sees Strynsvatnet, immer wieder mit prachtvollen Ausblicken auf Gipfel, in Schluchten oder auf Wasserfälle.

copyright Veronika Holzinger_IMG_8590

Über Serpentinen und Tunnel schrauben wir uns hinauf zur Abzweigung zum Geirangerfjord. Rings um uns tief verschneite Berggipfel, gefrorene Seen und strahlender Sonnenschein. Jetzt galt es den „Adlerweg“, den Ørneveien, diese serpentinenreiche Bergstraße zu bezwingen. Bis zur Passhöhe ist die der Ørneveien perfekt ausgebaut und es geht zügig dahin. Ab dann galt die Devise: erster Gang, Gegenverkehr beachten, Serpentine fahren, zweiter Gang, zurückschalten in den ersten Gang, Gegenverkehr beachten, Serpentine fahren und immer so weiter. Wegen ihrer genialen Technik wurde der Adlerweg auf der Pariser Weltausstellung 1900 mit einem Preis ausgezeichnet und den hat er sich wahrlich verdient. Oberhalb des Geirangerfjords gibt es einen großen Parkplatz auf den es von Menschenmassen nur so wuselt. Camper geparkt, ein freies Plätzchen am Geländer gesucht und dann die Luft angehalten. Zu unseren Füßen lag der glitzernde Geirangerfjord mit seinen steilen Felswänden und Wasserfällen im Sonnenschein.

copyright Veronika Holzinger_IMG_8621

Da das Örtchen Geiranger gerade von zwei großen Kreuzfahrtschiffen belagert war, beschlossen wir, nicht ganz hinunter zu fahren. Wir nahmen wieder den Ørneveien unter die Räder, machten einen kleinen Halt auf der Passhöhe Djupvasshytta und schwenkten dann Richtung Ottadal ein.

copyright Veronika Holzinger_IMG_8650

Auf der Straße 15 rollten wir Richtung Grotli, von halbzugefrorenen Seen und Berggipfel begleitet. Nach Grotli begleitete uns wild schäumendes Wasser bis zur Dønfoss bru, die den Otta neben dem schäumenden Katarakt Dønfoss überspannt. Einen kleinen Kulturstop bei der Kirche von Nordberg eingelegt und dann entlang des sich weitenden Ottatals Richtung Bismo. Wir waren müde. Ein Blick auf die Uhr – brrr – so spät schon? Durch die lange Helligkeit verloren wir schon unser Zeitgefühl. In Bismo fuhren wir den Campingplatz Bispen an, der direkt am Fluss liegt und Ruhe für die Nacht versprach.

copyright Veronika Holzinger_IMG_8681Am nächsten Morgen fuhren wir durch das breite Ottatal Richtung Lom. Lom mit seinen Holzhäusern erinnert zum Teil an ein Bergdorf in den Alpen. Wer wandern möchte, ist hier richtig am Platz. Von der einfachen Naturpfad-Wanderung bis zu Hochalpintouren, hier gibt für alle Naturfreunde das Passende. Eine der schönsten Bergregionen – Jotunheimen – ist leicht zu erreichen. Die höchsten Gipfel Norwegens liegen in diesem Gebiet, von dem 1980 weite Teile zum Nationalpark erklärt wurden. Lom besitzt aber auch eine große Stabkirche mit einem schön geschnitzten Altar und Deckenmalerei im Chor.
Über die ausgebaute RV 15 erreichten wir bald Otta und damit das Ende des Ottatals.
Ein kurzes Stück auf der E6 brachte uns, entlang des Lågen, zur Abzweigung ins Romsdal. Immer der E 136 entlang, fuhren wir durch eine bezaubernde Landschaft. In der Sonne glitzernde, mit Schnee bedeckte Gipfel, Wasserfälle, senkrecht in die Höhe steigende Felswände, atemberaubende Aussichten – eine Traumlandschaft. Am Ende des Romsdal, direkt am Romsdalfjord, liegt Åndalsnes, umgeben von einem gigantischem Bergpanorama. Hier hat die Raumabahn ihre Endstation. Die Ruckel-Zuckel-Bahn schlängelt sich direkt unterhalb der Felswand Trollveggen entlang, weiter über die Steinbrücke „Kylling Bru“, begleitet von herabstürzenden Wasserfällen, bis in den Stavem Tunnel hinein, wo der Zug im Inneren des Berges umdreht.
Nach der Zugfahrt schauten wir noch bei der einzigen Zugkapelle Norwegens vorbei, die in einem Eisenbahnwaggon untergebracht ist. Da wir die Landschaft des Romsdalsfjord noch genießen wollten, fanden wir in Måndalen den Campingplatz Manacamping, direkt am Romsdalfjord gelegen, zum Übernachten.

copyright Veronika Holzinger_IMG_8697

Das Wetter hatte umgeschlagen. Kein strahlender Sonnenschein und 25° bis 30° sondern bewölkt und kühler Wind. Wir fanden, es war das richtige Wetter für eine Stadtbesichtigung. So rollten wir Richtung Meer nach Ålesund, dem Jugendstilstädtchen und „Venedig des Nordens“. Unsere erste Station war der Aussichtsgipfel Aksla. Beim Hinauffahren fiel Nebel ein und wurde immer dichter. Camper am Parkplatz abgestellt und zur Aussichtsterrasse des noch geschlossenen Restaurants Fjellstua spaziert. Wir hatten Glück, nach einigen Minuten lichteten sich die Nebelschwaden und unter uns lag das Städtchen, umgeben von einer Unzahl größerer und kleinerer Inseln. Nach einigen Irrfahrten fanden wir den Bobilplatz am Hafen, parkten unseren Camper und machten einen Stadtspaziergang. Es war kurz vor Mittag und irgendwie hatten wir das Gefühl, wir wären die einzigen Menschen in der Stadt. Entlang der Kongensgate, an schönen Jugendstil-Fassaden vorbei, entlang des Hafenbeckens, direkt zum Zentrum. Die Kirkegata hinauf zur Kirche und kreuz und quer durch die Gassen wieder zum Hafenbecken und dem Fischereimuseum. Es war bereits früher Nachmittag und Unterrichtsende. Eltern holten ihre Kinder ab und schön langsam füllten sich auch die Gassen mit einigen Touristen. Weiter ging es wieder über die Apotekergata Richtung Keiser Wilhelmsgata und kreuz und quer durch Ålesund zu unserem Camper zurück. Unterwegs hatten wir zwei verschiedenen Krabbensalate, frisches Brot und Kuchen eingekauft. Da ein kühler Wind wehte, machten wir es uns im Camper bequem, sahen auf das Meer, aßen unseren Salat, tranken ein Achterl Wein aus der Wachau dazu und als Nachspeise wurde auch gleich der Kuchen geschmaust.

copyright Veronika Holzinger_IMG_8824Da das Wetter am nächsten Tag noch immer trüb war, beschlossen wir an der Küste zu bleiben. So wie wir nach Ålesund gekommen waren, verließen wir es wieder Richtung Romsdalfjorden. An der Küstenlinie des Romsdalfjorden entlang bis nach Åfernes, wo wir mit der Fähre über den Langfjord nach Sølnes übersetzten. Unser nächstes Ziel war Atlanterhavsveg, die Atlantikstraße. Einmal durch das Landesinnere, dann wieder der Schärenküste entlang, über Brücken von Insel zu Insel, schlängelt sich die Straße 8 km zwischen Vevang und Karvåg. Das Wetter war feucht und auf Lysø stellten wir fest, heute wollten wir nicht weiter. Wir fuhren quer über Lysø, fanden ein nettes Plätzchen beim Lysø Camping, direkt am Meer. Nach und nach trafen Camper aus Spanien und Deutschland ein – es wurde ein richtig netter Abend.

Am nächsten Tag schien wieder die Sonne und es kündigte sich ein warmer Tag an. Da wir die Küste bereits im vorigen Jahr mit einem Hurtigrutenschiff erkundet hatten, beschlossen wir wieder in das Landesinnere zurückzukehren. Jetzt machte auch der Atlanterhavsveg, den wir bis Vevang zurückfuhren, mehr Spaß. Vor einer der Brücken stand der Camper aus Spanien eingeparkt. Die Inhaberin und der Inhaber standen auf der Brücke und angelten einen Fisch nach dem anderen. Noch ein kurzer Plausch, ein „Petri Heil“ und wir schaukelten weiter. Immer weiter Richtung Eide und dann kurz quer über das Landesinnere nach Sølsnes. Diesmal wollten wir nicht mit der Fähre fahren. Wir wollten noch einmal die berauschende Kulisse des Langfjord, diesmal von der anderen Seite, genießen. Als dieser endete, kündigte sich als Ersatz bald der Tingvollfjord an. Durch das wildromantische Sunndal, immer entlang der schäumenden Wassermassen der Driva, von bizarren Berggipfel begleitete, durchfuhren wir dieses Wanderparadies. Links von uns befand sich das Bergparadies Trollheimen, das Gebiet der Trolle und Berggeister. Für eine zünftige Bergwanderung war es eindeutig zu früh von der Jahreszeit her, die Geister schliefen noch unter der Schneehaube und wollten nicht gestört werden. Vor Oppdal liegt das größte bekannte Gräberfeld aus der Winkingerzeit. Wir machten einen kleinen Rundgang, betrachteten die in etwa 750 Grabhügel und polierten unser Wissen über die „wilden“ Gesellen auf. In Oppdal erreichten wir die E6, die uns Richtung Trondheim trug. Bei Berkåk, am See Buvatn, machten wir eine kleine Kaffeepause. Wir beschlossen, einen netten Campingplatz zu suchen, fuhren Vårvolden Camping in Støren an, wo wir beim Fluss den Fischern zusahen und die lange Tageszeit genossen.

copyright Veronika Holzinger_IMG_8861Trondheim mit seinen Nidaros-Dom hatten wir schon voriges Jahr bei unserer Hurtigrutenreise besucht. So umfuhren wir am nächsten Tag die Stadt, nahmen kurz bei Ranheim das Nebensträßchen entlang der Küste und landeten wieder auf der E6. Bei Størdal zweigten wir kurz nach Værnes ab und statteten der großen, mächtigen Kirche einen kleinen Besuch ab. Wieder zurück an die E6, entlang des Sees Snåsavatn bis nach Snåsa. In Snåsa machten wir kurz Pause, schauten uns die paar erhaltenen Holzhäuser des Ortsteils Viosen an, tranken am See Kaffee und machten dann einen kleinen Fehler. Wir hörten auf unser Navi, das uns bis jetzt immer brav gedient hatte und bogen statt links rechts ab. Nun, auch so lernt man Gebiete kennen, die du sonst nie kennengelernt hättest. Wir zuckelten auf einer immer schmäler werdenden Straße durch dichten Wald, Hügel hinab, Hügel hinan, über ein Brücke, die sich gerade für unseren Camper so ausging, Hügel hinab, Hügel hinan, weit und breit keine menschliche Seele oder ein Gehöft. Eine liebliche Landschaft, aber nicht das, was wir wollten. Unser Navi war unbeirrt – biegen sie rechts ab, biegen sie links ab, biegen sie ……… Zum guten Ende kamen wir an einem Wegpunkt an, den wir bereits kannten. Das gute Stück hatte uns etliche Kilometer im Kreis geführt, „bitte wenden“ kam für es in diesem Fall anscheinend nicht in Frage. Glücklich wieder auf der E6 gelandet, steuerten wir als nächstes den gischtenden Formofoss an. Wir suchten uns ein Parkplätzchen und machten einen kleinen Spaziergang zum Wasserfall. Kurz zurück auf die E6 und dann in Grong wieder abgefahren. Der Tømmeråsfoss mit seinen Wassermassen wollte bewundert werden. Wieder auf die E6, am Lachsmuseum vorbei fuhren wir entlang des Namsen. Für diesen Tag hatten wir genug Kilometer unter unsere Räder gebracht. Direkt am Namsen fanden wir Harran-Camping, parkten uns mit Blick auf den Fluss ein, tranken ein kühles Bier und ruhten uns so richtig aus.

copyright Veronika Holzinger_IMG_8892

Gut ausgeschlafen enterten wir wieder die E6 und fuhren Richtung Nordland. Durch einen riesigen Bogen durchfuhren wir die Grenze zu Nordland, machten einen kleinen Abstecher bei der „Sørsamekapellet“ vorbei, wo uns ein einsames Rentier noch den Po zeigte, bevor es flüchtete. Neben uns lag der noch zugefrorene Store Majavatn, für den größten Nationalpark Norwegens, den Børgefjell mit seinen majestätisch in die Höhe ragenden Gipfeln, war es in der Jahreszeit noch zu früh. Links und rechts der Straße zugefrorene Flächen, schneebedeckte Gipfel, karge Birkenwäldchen, Fichtenwald. Flott auf der E6 dahin, erreichten wir bald kurz vor Grane die Abzweigung zum Laksfors. Den schönsten Ausblick auf den circa 16 m hohen Wasserfall hat man von dem angrenzenden Restaurant. Links vom Restaurant wurden vorsorglich hohe Holzplanken in die Höhe gezogen, ein Stückchen weiter nach rechts sieht man den gischtenden Fall auch sehr schön und kann gut fotografieren. Zurück zur E6 und weiter zu dem kleinen Städtchen Mosjøen. Bei strahlendem Sonnenschein waren wir nicht die einzigen Besucher, die das Örtchen erkunden wollten. Wir fanden direkt einen Parkplatz bei der berühmten Sjøgata. Entlang des Wassers wurden hier circa 100 Holzhäuser aus dem 19. Jahrhundert vorbildlich restauriert und bilden Nordnorwegens größtes derartiges Ensemble. Hier war pralles Leben zu Hause. Familien mit Kinderwägen, offene Kaffees, wo in der Sonne Kuchen genossen wurde, kleine Geschäfte mit allerlei Kunsthandwerk – wir fühlten uns so richtig wohl. Schön langsam war es Zeit weiterzufahren. Also wieder auf die E6, am See Fustvatn und Luktavatn vorbei, durch den Korgfjell-Tunnel zum Örtchen Korgen. Neben uns blitzte eine Tafel mit Campingplatzhinweis auf. Also abgebogen, dem Sträßchen folgend, landeten wir etwas später beim Korgen-Camping. Wie so oft ein Zettel, bitte wählen Sie ihren Standplatz, wir kommen am Abend vorbei. Wir hatten den ganzen Campingplatz für uns. Also Camper mit Sicht auf den dunkel dahinfließenden Fluss Røssåga geparkt, einen kleinen Spaziergang entlang des Røssåga gemacht, danach die Beine ausgestreckt und in der milden Abendsonne ein Achterl aus der Wachau gegönnt. Für Wanderer stellt Korgen ein Paradies dar. Der Okstinbreen und sein Gletschersee sind in erreichbarer Nähe und das Børgefjell lädt zu Naturerkundungen.

Frisch und ausgeruht kurvten wir am nächsten Morgen das Sträßchen zur E6 zurück und statteten dem Örtchen Mo i Rana einen Besuch ab. Wir parkten beim kleinen Yachthafen und machten einen Spaziergang durch Mo i Ranas ältesten Stadtteil Moholmen. Moholmen besteht aus kleinen, schön renovierten, bunten Häuschen aus dem 17. Jahrhundert und einem Museum, das leider geschlossen hatte. Nach einer kleinen Pause am Yachthafen fuhren wir ein kurzes Stück auf der E6 um dann sofort wieder abzubiegen. Zuerst durch Siedlungsgebiet, dann an einem Kraftwerk vorbei, fuhren wir ein immer schmäler werdendes Sträßchen in Serpentinen bergan. Wasserfälle, moosige Flächen, abgeschliffene Steine, Birkengruppen – immer steiler bergan, immer mehr Kehren – der Aussichtsberg Bertelberg wollte erfahren werden. Oben suchten wir uns ein Plätzchen mit Traumblick in das mit Bergen umringte Tal und genossen nach einer kleinen Wanderung die doch schon sehr stark vom Himmel brennende Sonne.

copyright Veronika Holzinger_IMG_8885

Nicht weit von Mo i Rana liegen die Grønli- und Setergrotta. Die beiden Kalksteingrotten gehören zu den wenigen, die in der Polarkreisregion besichtigt werden können. In der Nähe befindet sich auch der Svartisen, der zweitgrößte Gletscher Norwegens. Damit der Weg zu ihm nicht zu lang wird, gibt es einen Bootsverkehr über den See Svartisvatnet. Die letzten Kilometer muss man dann zu Fuß zurücklegen.
Wir aber fuhren wieder, bevor wir einen Sonnenbrand bekamen, die Kehren und Kurven vom Bertelberg hinunter und auf der E6 Richtung Polarkreis. In Rossvoll machten wir von außen eine kleine „Kirchenumrundung“, da die Kirche leider geschlossen war. Zuerst durch das breite Dunderlandsdal, dann in Schleifen bergan, zuerst dem ruhigen und dann schäumenden Flusslauf der Ranelva folgend, rückte der Polarkreis immer näher. Immer höher in das Fjell hinauf, keine Vegetation, Eis- und Schnee und dann bei 66°33‘ nördlicher Breite der Polarkreis. Hier beginnt die Arktis mit Mitternachtssonne und Polarnacht. Wir parkten unseren Camper beim „Polarsirkelcenter“, machten einen Rundgang und bewunderten den vor dem Center stehenden Stein aus zartrosa Fauske-Marmor. Eigentlich und überhaupt wollten wir zur Feier des Tages im Restaurant bei einem echt norwegischen Essen so richtig zuschlagen. Hamburger und Grillwürstel oder Spaghetti waren dann doch nicht das Richtige. Durch zugefrorene, kahle Landschaft erreichten wir kurz darauf mit ihren 692 m die höchste Stelle des Fjell. Leicht bergab, an Bretterverschlägen vorbei, wo Züge im Winter Schneestürme abwarten können, rollten wir zum Lønsdal hinunter. Langsam begann wieder Vegetation. Kiefern und Birken säumen die E6 und der Lønselva sorgt für so manches Fotomotiv. Die schön ausgebaute E6 weiter, entlang des Saltdalselva, begleitet von verschneiten Gipfeln, in das Saltdal.
Vor Rognan biegt die Straße Richtung Salstraumen ab. Norwegenurlauber sollten sich dieses Naturschauspiel nicht entgehen lassen. Beim Wechsel der Gezeiten schießt hier das Meerwasser, gewaltige Strudel bildend, durch die Meerenge – unbedingt empfehlenswert.
Da wir dieses Schauspiel bereits im Vorjahr genossen hatten, fuhren wir entlang des Skierstadfjords in Richtung Fauske. Wir hatten genau die Mitte Norwegens erreicht. Es war wieder spät geworden. Daher fuhren wir in Fauske den Campingplatz an, parkten unseren Camper mit Blick auf den Fjord und genossen den Abend.

copyright Veronika Holzinger_IMG_8999Nach einer gemütlichen Nacht schwangen wir uns wieder auf die E6. Durch eine Tunnel-Kette, immer wieder mit schönen Ausblicken, streiften wir den Leirfjord. Wer jetzt glaubt, die E6 hat keinerlei Schönheiten zu bieten, irrt. Bevor es in die Tunnel hineingeht, bist du von Bergen umgeben, die Landschaft ist einfach grandios. Immer wieder berglauf, dann berglab hat man bezaubernde Ausblicke auf Fjorde, besonders bei Ulsvåg. Hier bietet sich ein Panorama bei dem der Blick bis zu den Lofoten mit den bizarren Bergen reicht. Wir wollten diesen Blick länger genießen, außerdem war Wäsche waschen angesagt. Zwischen Ulsvåg und Bognes fanden wir das Sørkil Fjordcamping, direkt am Meer, mit wunderschöner Aussicht auf die Inselwelt der Lofoten. Wir lieben solche Campingplätze. Klein, fein, praktisch, nett, freundlich, in traumhafter Umgebung – wir konnten den frühen Nachmittag und den Abend in vollen Zügen genießen.

copyright Veronika Holzinger_IMG_9012

Schweren Herzens ging es am nächsten Tag weiter. Ich persönlich hätte gerne noch ein zwei Tage hier verbracht, aber unser nächstes Ziel lockte. Wie wollten an diesem Tag noch die Landschaft zwischen Bognes und Narvik erkunden und entlang des Ofotfjord Richtung Lofoten. In Bognes die Fähre, nein, nicht auf die Lofoten, sondern nach Skarberget genommen und entlang des Ofotfjords gegen Narvik. In Narvik, das umgeben ist von einer wunderschönen Berglandschaft, die imposante Steinkirche besucht und einen kleinen Stadtrundgang absolviert. Nach Narvik eine kleine Rast am Rombaksbotn eingelegt und dann bei Bjerkvik auf die E10 geschwungen. In der Nähe von Myrnes befindet sich das „Samisk Museum“. Immer dem gewundenen Sträßchen bergauf folgend und dann einen Fußweg bergan, standen wir vor typischen Behausungen der Samen. Aber auch hier waren wir in der Jahreszeit zu früh dran. Wir begnügten uns mit einem Rundgang, lasen die aufgestellten Schautafeln und „rollten“ zuerst zu Fuß und dann mit dem Camper den Berg hinab. Beim Einparken beim Bobobcamping Evenes störten wir einen Vogel beim Brüten, sonst war keine Menschenseele zu sehen. Wir machten uns einen gemütlichen Abend und freuten uns über den schönen Meerblick.

Immer der E10, dem König Olav Vei, folgend, über den Vestfjord, erblickten wir schon von Weitem eine Unzahl von bizarren Bergen – die Lofotenwand. Die fünf größten Inseln der Lofoten werden durch Tunnel oder spektakuläre Brücken verbunden. Jede der Inseln hat ihren speziellen Reiz und grandiose Landschaft. Mächtige Bergflanken, felsige Buchten, weite Sandstrände mit weißem Sand, Schärenküste, tiefe Fjorde mit glitzerndem Wasser – nicht umsonst sind die Lofoten eines der beliebtesten Reiseziele Norwegens.

copyright Veronika Holzinger_IMG_9137

Begleitet von den diversen bezaubernden Landschaften fuhren wir durch Svolvær, der „Hauptstadt“ der Lofoten, Richtung Kabelvåg und dann weiter zur Sandbucht von Kallestranda. Die Bucht liegt, umgeben von spitzen Berggipfel, normalerweise ziemlich ruhig. Als wir ankamen, ergatterten wir gerade noch einen der letzten Parkplätze. Im Wasser und am Strand herrschte ein Gewurrl, rund um uns wurde gegrillt und die Menschen genossen den strahlenden Sonnenschein. Wir beschlossen, den Rest des Tages und die kommende Nacht hier zu verbringen. Am Abend, als die Schatten länger wurden und es abkühlte, zogen die Scharen ab. Übrig blieben ein Norweger mit seinem Zelt, zwei Deutsche mit ihrem Campingbus und wir. Norweger sind freundliche Leute. So saßen denn ein Norweger, zwei Deutsche und zwei Österreicher um ein Feuer, brutzelten Würstel, tranken ein kühles Bier und ließen den lieben Gott einen guten Mann sein.

copyright Veronika Holzinger_IMG_9035

Am nächsten Tag „hüpften“ wir durch diese Traumlandschaft von Insel zu Insel. Natürlich mussten wir dem „Kleinvenedig“ Norwegens – Henningsvær – einen Besuch abstatten. In Valberg bewunderten wir die Kirche und in Hamnøy gönnten wir uns, mit Blick auf das Örtchen und das Meer, ein riesiges, mit frischen Krabben belegtes Baguette. In Å hatten wir das Ende der Lofoten erreicht und nach einem Spaziergang und der Besichtigung des Stockfischmuseums rollten wir retour nach Moskenes. Es war später Nachmittag und wir fanden ein Plätzchen, mit Sicht über die Klippen zum Meer, am Campingplatz Moskenes. Gerade rechtzeitig, wie wir kurz darauf feststellten. Moskenes ist Endpunkt der Fährverbindung von Bodø. Am Abend wimmelte es am Campingplatz und die schönsten Plätze waren randvoll mit Campern.

copyright Veronika Holzinger_IMG_9141

Für den heutigen Tag hatten wir uns etwas ganz Besonderes vorgenommen. Wir wollten die Mitternachtssonne genau sehen. Bis jetzt waren immer Berggipfel „im Wege“ gestanden, heute sollte es soweit sein. Entlang von Fischerdörfchen, die wie Perlen an einer Kette aufgereiht sind, fuhren wir nach Reine. Der Blick von Reine auf den Kirkefjord zählt zu einen der herrlichsten Motive der Lofoten und wurde zur schönsten Aussicht von Norwegen gekürt. Vor dem Örtchen Sund am Selfjord schreckte uns ein riesiges Schild, auf dem die Forderung erhoben wurde, „Eintrittsgebühr“ von Campern zu verlangen. Wir besuchten es trotzdem, obwohl die Überlegung vorhanden war, auf diesen Eindruck zu verzichten. Wo man nicht gern gesehen ist, fährt man auch nicht gerne hin. Nach dem Besuch von Sund schlängelte sich die Straße entlang von mächtigen Bergen, über Brücken, an großen Gestellen mit getrocknetem Fisch oder Fischköpfen vorbei, zum weiß strahlenden Rambergstrand. Hier stellten wir wieder einmal fest, dass Skandinavier ein anderes Wärmegefühl als wir besaßen. Für uns reichte die Wassertemperatur zum Zehen in die Fluten halten, die ansässige Bevölkerung nahm mit Vergnügen ein Vollbad. Vor unserem heutigen Endpunkt machten wir noch einen kleinen Abstecher ins Museumsdorf Nusfjord. Jetzt war endlich der Moment für die Mitternachtssonne gekommen. Auf der Insel Vestvågøa, der größten Insel der Lofoten, suchten wir uns beim Wanderparkplatz Eggum ein schönes Platzerl, mit Blick auf das Meer, machten es uns nach einem kleinen Spaziergang gemütlich und harrten der Dinge die da kommen sollten. Wir waren fast allein auf weiter Flur. Ein norwegischer Geländewagen parkte 200 m oberhalb von uns und die Besitzer hatten ein Zelt aufgestellt. Sonst niemand weit und breit. Zwei Stunden später sollte sich das ändern. Nach und nach trudelten Camper, PKW‘s und Motorräder ein. Der Parkplatz war randvoll und es kamen immer noch mehr Menschen. Auch der vordere Parkplatz füllte sich rasch und dann wurde bereits in zweiter oder dritter Spur geparkt. Decken wurden ausgebreitet, Griller angezündet, Würstel gebraten und Kinder tollten durch die Gegend. Kurz vor Mitternacht ging es zu wie auf einem Jahrmarkt. Die Sonne, prall und grell rot scheinend senkte sich immer mehr auf das Meer und spiegelte sich im Wasser. Nach Mitternacht begannen die ersten Besucher ihre Sachen zusammenzupacken und einige von den Campern verschwanden in ihren Wägen, leider vergessend, dass Sommerzeit war und somit der Höhepunkt der Mitternachtssonne um ein Uhr in der Früh stattfand. Bis ein Uhr fiel die Sonne immer weiter Richtung Meer, um dann entlang des Horizontes zu wandern und dann wieder schön langsam und stetig am Himmel empor zu klettern – ein Traum. Auf Einladung von zwei Norwegern saßen wir am Bankerl, aßen Trockenfisch und bewunderten das Naturschauspiel. So um zwei Uhr in der Früh, als die Sonne wieder ein schönes Stück „bergauf“ gekrabbelt war, krabbelten auch wir in unsere Betten und schliefen in den hellen Morgen.

copyright Veronika Holzinger_IMG_9209

Da mein lieber Gespons nach unserem Hurtigrutenabenteuer noch immer jede längere Bootsfahrt verweigert, fuhren wir wieder über den Landweg, immer neue Naturschönheiten entdeckend, Richtung Vesterålen.
Die Inselgruppe der Vesterålen braucht sich hinter den Landschaften der Lofoten wahrlich nicht zu verstecken. Auch hier werden Fjorde von schroffen Bergspitzen begleitet, weiße Sandstrände laden zum Baden, einsame Gebirgstäler bieten sich zum Wandern an, Schärenküsten sind ideal zum Relaxen.

copyright Veronika Holzinger_IMG_9224

Über Svolvær fuhren wir nach Sortland, dem regionalen Zentrum der Vesterålen. Über Straßen und Sträßchen, durch die Inselwelt. An dem weißen Standstrand von Søberg, fast am letzten Zipfel der Inselgruppe, wollten wir den Abend ausklingen lassen. Die Sonne strahlte heiß vom Himmel, es war Samstag und somit war auch auf den Vesterålen Badezeit. Um es gleich vorwegzunehmen – wir haben den Strand von Søberg nicht gesehen. Bereits 500 m vor dem Parkplatz war die Straße links und rechts so zugeparkt, dass wir mit unserem Camper keine Chance hatten, durchzukommen. Die entgegenkommenden Autofahrer riefen uns zu, wir sollten ja nicht nach hinten fahren, es gäbe für uns keine Umkehrmöglichkeit, selbst normale PKW hätten Probleme. Also nutzten wir die letzte Chance zum Umkehren und mussten uns um ein anderes Nachtquartier umsehen. Beim Hinweg hatten wir in weiter Ferne in der Sonne blitzende Camperdächer registriert. Wir machten uns auf die Suche und fanden auf einem großen Parkplatz, direkt an einer Bucht, drei norwegische Camper. Ihre Besitzer waren beim Fischen und grüßten freundlich. Nach einem kurzen Hallo und der Frage ob es störe, wenn wir heute hier blieben, war ein „no problem“ und herzliches „welcome“ zu hören. Also Camper mit Nase zur Bucht geparkt, ein kühles Bierchen getrunken, mit den Fischern getratscht und herrliche Ruhe genossen.

copyright Veronika Holzinger_IMG_9244

Schön langsam ging unsere für Norwegen geplante Zeitspanne zu Ende. Über Steine, Sortland, Strand begaben wir uns wieder auf den König Olav Vei, die E10, fuhren diese wieder entlang des Ofotfjords. Vor Narvik schraubt sich die Straße in eine wilde Bergwelt. Von oben schauten wir noch einmal tief ins Tal, um dann, entlang von Eis und Schnee, Richtung Schweden weiterzufahren. Hoch oben im Gebirge überschritten wir die Grenze und befanden uns ab sofort im schwedischen Nord-Lappland.

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.